Berlin stützt bayerischen Neue-Heimat-Deal

Ärger zwischen zwei rot-grünen Metropolen: Der Münchner Magistrat ist sauer auf den Berliner Senat / Die Berliner Bank, zu 56 Prozent im Besitz des Landes Berlin, liefert die Kreditmittel für den Erwerb von 33.000 bayerischen Neue-Heimat-Wohnungen  ■  Aus Berlin Eva Schweitzer

Ärger im rot-grünen München über den rot-grünen Berliner Senat: Die Berliner Bank, die zu 56 Prozent dem Land Berlin gehört, wird voraussichtlich den Verkauf von 33.000 bayerischen Wohnungen der Neuen Heimat an den Immobilienriesen Doblinger finanzieren. Bis Freitag muß die Entscheidung stehen, dann will die Neue Heimat Geld sehen: „Wir haben Herrn Doblinger ein Angebot gemacht und warten nur noch darauf, daß er unsere Bedingungen erfüllt“, heißt es bei der Berliner Bank. 958 Millionen Mark braucht Doblinger, nachdem zwei andere bundeseigene Banken auf Druck der CSU abgesprungen sind.

Münchens SPD-Oberbürgermeister Geord Kronawitter wandte sich verärgert an Kollegen und Genossen Walter Momper. Kronawitter befürchtet, ein Verkauf dieser Wohnungen an Doblinger würde für die Mieter schlimme Folgen haben. Die Fraktionen von AL und SPD meldeten sich inzwischen zu Wort und wünschten eine Einmischung des Senats in diese Kreditentscheidung. Rechtlich ist das möglich: Über Geschäfte dieser Größenordnung entscheidet nicht der Vorstand, sondern der Kreditausschuß, eine Unterabteilung des Aufsichtsrats. In beiden Gremien sitzen Vertreter des Berliner Senats. Doch Momper lehnte das ab. „Wir werden den Teufel tun“, erklärte Berlins Regierungssprecher Kolhoff.

Die 33.000 Wohnungen, davon 14.000 in München, der Rest in Nürnberg und Augsburg, fallen schon jetzt aus der Sozialbindung, die einige Jahre nach Baufertigstellung automatisch ausläuft. In ein paar Jahren wird keine Wohnung mehr gebunden sein. Damit kann die Miete auf einen Schlag um ein Drittel erhöht werden. Problematischer scheint jedoch, daß der neue Eigentümer Doblinger einen Teil des Besitzes als Eigentumswohnungen verkaufen kann. Den Mietern drohten damit Eigenbedarfskündigungen, im Zweifelsfall stehen sie im angespannten Münchner Wohnungsmarkt auf der Straße. Doblinger müsse sogar einen Teil des Neue-Heimat-Pakets versilbern, befürchtet man beim Münchner Mieterverein. Denn bei dem Preis von fast einer Milliarde Mark, darüberhinaus fast vollständig fremdfinanziert, sind schon die Zinsen so hoch, daß sie aus den Mieten nicht zu erwirtschaften sind. „Selbst wenn nur jeder vierte Mieter seine Wohnung deshalb verlassen müßte, müßte man in Bayern 8.000 neuen Sozialwohnungen bauen - und die kosten 1,6 Milliarden Mark“, meinte Kronawitter. Deshalb wollten die betroffenen Kommunen zusammen mit dem Land Bayern die Wohnungen selbst kaufen. Bayern bot jedoch nur 300 Millionen. Die gleiche Summe hätten die Städte noch einmal draufgelegt, aber damit blieben sie weit unter Doblingers Angebot.

So setzt München die letzte Hoffnung darauf, daß Doblinger das nötige Kleingeld nicht geliehen bekommt. Kronawitter schickte dem Berliner Regierenden einen Stapel Presse- und Rundfunkberichte über Doblinger. Tenor: Der Mann sei unseriös, betrüge Geschäftspartner, schlachte Firmen aus, die er kaufe und die danach in Konkurs gingen. Momper freilich mochte sich nicht mit der Bank anlegen, um für Kronawitter und die bayrische Staatsregierung die Kastanien aus dem Feuer zu holen.

Der Senat und die Berliner Bank haben ohnehin gerade ein gespanntes Verhältnis. Denn die Bank mußte auf Wunsch des Senats die geplante Fusion mit der Berliner Sparkasse auf unbestimmte Zeit vertagen. „Außerdem sind wir gebrannte Kinder“, meinte Kolhoff. Schon einmal war ein SPD-Senat über ein Millionengeschäft der Berliner Bank gestolpert. Auf Betreiben des Senats hatte die Bank dem Berliner Architekten Garski 120 Millionen geliehen, der setzte das Geld in den arabischen Wüstensand.