Bundestag verabschiedet Geheimdienstgesetze

■ Heute wird im Bundestag über die sogenannten Sicherheitsgesetze abgestimmt / Bundesdatenschutzgesetz und die Gesetze über die verschiedenen Geheimdienste der Bundesrepublik müssen gesetzlich fixiert werden / SPD könnte im Bundesrat noch intervenieren

Berlin (taz) - Nach sechs Jahren Vorbereitung und zum Teil heftigen Auseinandersetzungen soll heute im Bundestag nun ein Gesetzespaket über die parlamentarische Bühne gehen, mit dem die Arbeit der bundesdeutschen Geheimdienste neu definiert wird. Äußerer Anstoß dafür war das „Volkszählungsurteil“ des Bundesverfassungsgerichts 1983, das den Gesetzgeber verpflichtete, Ausnahmen vom Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gesetzlich zu fixieren. Betroffen waren das Bundesdatenschutzgesetz, der Verfassungsschutz, der Militärische Abschirmdienst (MAD) und der Bundesnachrichtendienst (BND). Tatsächlich hätte zu dem Paket auch ein neues Gesetz für das Bundeskriminalamt gehört, was aber aufgrund des schwierigen Abstimmungsprozesses mit den Ländern auf die lange Bank geschoben wurde.

Als der damalige Bundesinnenminister Zimmermann mit den ersten Entwürfen auf den Markt kam, gab es einen allgemeinen Aufschrei des Entsetzens. Nach dem Motto der CDU/CSU -Innenpolitiker, „Datenschutz darf nicht Täterschutz sein“, ließ Zimmermann alles ins Gesetz schreiben, was die Geheimdienste schon immer gerne gehabt hätten. Aus dem Mehr an Datenschutz wurde ein völliger Freibrief für die Polizei und Verfassungsschützer, nahezu beliebig ihre Daten auszutauschen und personenbezogene Daten auf vage Verdachtsmomente hin uferlos zu speichern. Nachdem Zimmermann einmal den Maßstab gesetzt und die Richtung angegeben hatte, wurde nachgearbeitet. Das eigenständige Zusammenarbeitsgesetz verschwand in der Versenkung und wurde in das Verfassungsschutzgesetz eingearbeitet. Erstmals soll es nun ein Gesetz für den BND geben, der bislang ausschließlich auf Grundlage einer Kabinettsanordnung gearbeitet hat. Das MAD-Gesetz stützt sich im wesentlichen auf den Entwurf für den Verfassungsschutz, lediglich eingeschränkt auf den militärischen Bereich. Bis zuletzt heftig kritisiert wurde, daß auch in dem neuen Gesetz der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel nicht präzisiert wird. Statt dessen wird die öffentliche Verwaltung verpflichtet, den Verfassungsschutz von sich aus über „Auffälligkeiten“ zu informieren.

Völlig außer acht lassen die Gesetzesnovellierungen die veränderte politische Situation. Statt die Erfahrungen der DDR-Bevölkerung zu berücksichtigen, sollen jetzt offenbar Fakten geschaffen werden, die die heutige DDR dann zu übernehmen hat. Verhindern könnte dies nur noch die SPD, wenn sie ihre Mehrheit im Bundesrat dazu nutzt, die Verabschiedung der Gesetze zu blockieren, um die Debatte unter den veränderten Vorzeichen in der kommenden Legislaturperiode erneut aufzunehmen.

JG