Pfingsten wird's wieder voll

■ Sonderzüge aus West-Deutschland / Ausgebuchte Hotels / Verdopplung der Verkehrsunfälle in Ost-Berlin / Westberliner Polizei erwartet keine größeren Staus

„Pfingsten wird eine neue Bewährungsprobe sein“ so der Volkspolizeidirektor Roland Rothe zu der Verkehrssituation über Pfingsten. Nur eine Woche nach dem Katholikentag mit über 150.000 BesucherInnen wird Berlin kommendes Wochenende wahrscheinlich wieder vor dem Verkehrschaos stehen. Bisher gehen Schätzungen von mindestens 80.000 PfingstbesucherInnen aus, davon 75Prozent aus West-Deutschland.

Die Bundesbahn hat sich vorbereitet: 138 Sonderzüge fahren über Pfingsten in die DDR, 28 nach West-Berlin. Im Vergleich zum letzten Jahr sind das 10Prozent weniger Sonderzüge, doch hat sich inzwischen das Regelangebot verdoppelt, so der Sprecher der Reservierungszentrale in Mainz, Wolfgang Gehrke, „doch wir wissen nicht, ob wir richtig liegen“. Das innerdeutsche Verkehrsaufkommen sei noch immer eine unkalkulierbare Größe.

„Wesentlich mehr Anfragen als letztes Jahr“ sind im ausgebuchten „Hotel am Zoo“ verzeichnet worden, so Direktionsassistent Voss, „und das, obwohl wir die Preise angehoben haben“. Aber ein Vergleich zum letzten Jahr sei ohnehin nicht möglich: „Sie können das nicht vergleichen, Berlin ist jetzt eine andere Situation.“ Auch im Low-cost -Bereich gibts keine Plätze mehr: Die Jugendherbergen müssen jährlich etwa 30.000 Übernachtungen absagen, so Michael Rist. „Wer jetzt noch kommt, hat keine Chance.“

Der Sprecher des Westberliner Verkehrssenators, Rudolf Steinke, schätzt die Situation über Pfingsten weniger dramatisch ein: Er geht davon aus, daß es „nicht so problematisch wird, wie es aussieht“. Aber solange an der Grenze „nicht alles offen ist, wird es immer Staus geben“. Auch der West-Polizei-Sprecher Oberländer hat keine Hinweise auf übermäßigen Pfingstverkehr. Absperrungen von ganzen Straßen, wie beim Katholikentag, werde es nicht geben. Zudem habe die DDR eine großzügige Abfertigung an den Grenzen angekündigt.

Die West- und die Ostberliner Verkehrsbetriebe werden Pfingstmontag den normalen Sonntagsfahrplan fahren. Im Westen werden insbesondere für die Frühkonzerte Sonderbusse, u.a. in Richtung Zoo, Tegel und Havelchaussee, eingesetzt. In Ost-Berlin wird es Entlastungsfahrten in die Randbezirke geben. Zusätzlich bieten die Ostberliner Verkehrsbetriebe Fahrten ins Berliner Umland an (u.a. Altenhof, Buckow und Kloster Chorin). Die Karten sind im Vorverkauf für rund 10 Mark im S-Bahnhof Alexanderplatz erhältlich.

Die Ost-Berliner Volkspolizei befürchtet für Pfingsten einen starken Zuwachs an Unfällen: „Ostern gab es doppelt soviele Unfälle wie ein Jahr zuvor“, so Roland Rothe, „seit dem 4. Quartal hat das Unfallgeschehen unvorstellbare Dimensionen erreicht.“ Die Zahl der Verkehrsunfälle sei um 43,6Prozent, die der Verkehrstoten um 61,8Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. Daß mit dem ansteigenden Verkehr auch die Unfallzahlen proportional steigen, will Rothe nicht akzeptieren. Viele Autofahrer glaubten, daß die DDR-Straßenverkehrsordnung nicht mehr gelte. „Diese Einstellung wird jetzt mit verstärkten Kontrollen bekämpft.“

Dabei entstehen aber wieder Probleme: Noch gibt es zum Beispiel bei der VerkehrssünderInnenkartei keine Ost-West -Zusammenarbeit, die Polizisten würden bei Westdeutschen zu häufig beide Augen zudrücken und für das neu eingeführte Abschleppen von falsch geparkten Autos gäbe es noch nicht genügend Abschleppwagen. „Aber die Marktwirtschaft wird sicher bald neue Abschleppkapazitäten bringen.“

Baustellenbedingte Staus soll es auf den DDR-Autobahnen über Pfingsten kaum gehen: Bis auf 16 Baustellen wurden alle Bauarbeiten und Sperrungen über Pfingsten aufgehoben. Allerlei Tips für AutofahrerInnen gab Rothe auf der Pressekonferenz: So sollten aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens längere Fahrzeiten einkalkuliert werden, die Fahrer sollten öfters Pausen machen und keinen Alkohol trinken. Auf die Möglichkeit, statt des Autos besser das Fahrrad oder Busse zu benutzen, verwies er allerdings nicht.

Rochus Görgen