„Schulterschluß von RAF und Stasi“

■ Springers Flaggschiff 'Die Welt‘ hört das Gras wachsen - „Täter aus dem Westen“, „ortskundige Hilfe“ aus dem Osten

Berlin (taz) - Wenn es um die akute Gerfährdung der inneren Sicherheit geht, ist 'Die Welt‘ immer an vorderster Front dabei. Manchmal ein bißchen rückschauend - wie zur Zeit in der laufenden Serie „Die Wahrheit über die Stasi“ - und manchmal ein bißchen prophetisch.

Auf Seite eins erfuhr der geneigte 'Welt'-Leser gestern: „BKA befürchtet gemeinsame Aktionen von RAF und Stasi.“ Ein „aus antiimperialistischer Ideologie begründeter Schulterschluß westdeutscher RAF-Terroristen mit sozial entwurzelten Exmitarbeitern des DDR -Staatssicherheitsdienstes“ könne nicht ausgeschlossen werden. Das sagt uns die 'Welt‘ und der 'Welt‘ wiederum soll es Kriminaldirektor Jürgen Hessel gesagt haben. Immerhin ein Experte, ist er doch der Chef der Fahndungsgruppe Terrorismus im Wiesbadener Bundeskriminalamt.

„Erkenntnisse“ gibt es zwar keine, teilte der Autor gestern der taz mit. Ja, nicht einmal zu den bislang im BKA geäußerten Befürchtungen, die RAF könnte sich nach Öffnung der Grenze die DDR als Rückzugsraum erschließen, habe sein Informant Belege herbeischaffen können. Der Sache tut das keinen Abruch: Die RAF sei schließlich „intelligent genug, jede sich bietende Chance zum Aufbau von Logistik und Helferumfeld zu nutzen“. Des Schreibers Alptraum:

Die Spitzen von Politik und Wirtschaft in der DDR werden mit dem Vollzug der Währungsunion für „soziale Härten“ verantwortlich gemacht und damit „ins Feindbild des 'antiimperialistischen‘ Kampfes gerückt“. Weiter breitet die 'Welt‘ in ihrem fulminanten Szenario aus: „Einschlägiges Know-how aber, ob konspiratives Verhalten oder Umgang mit Waffen und Sprengstoff“ sei unter Stasi-Leuten hinreichend vorhanden. Ein großer Sprengstoffdiebstahl Anfang Mai aus einem Armeedepot bei Jena könne ebenso - entgegen der Annahme von Innenminister Diestel - wegen seiner grenznahen Lage „von Tätern aus dem Westen“ begangen worden sein. Und endlich nähern wir uns der Beweisführung. In diesem Fall hätten die Westler „ortskundige Anleitung nutzen müssen“.

Wolfgang Gast