Breminales Kunstgeklecker

■ Die Kunst hat ihren Platz im Gebüsch, nicht bei den Menschen / Ein Rundgang

Wo hat die Kunst ihren Ort? Diese Menschheitsfrage stellt sich im Zusammenhang mit der diesjährigen Breminale so: Soll die (bildende) Kunst auf der Breminale versuchen, ihren Platz neben Mampf-Dröhn-Action versuchen zu behaupten, oder soll sie sich einen ruhigen Winkel aussuchen? Die Pressebegehung der Breminale-Kunst am Donnerstag abend zeigte, daß sich die VeranstalterInnen auf letzteren Ansatz festgelegt haben. Kommunalgalerist Manske als etwas unwilliger Soloredner: „Da, wo die Menschen hingehen, ist nicht der beste Platz für die Kunst.“

Ein altbremischer Antagonismus wird reaktiviert: rechts-der -Weser / links-der-Weser. Cityseits tobt das Breminale -Leben, am jenseitigen Ufer verkrümelt sich die Kunst in die Büsche. „En passant“ lautet der Titel des Unterfangens zwischen der Gaststätte „Werdereck“ und dem „Cafe Sand“ in der Nähe des Wasserturms. Da gibt es Busch und Baum und Wiesengrün, und Findige finden ein Spiegelei im Käfig, in frischgepfasterter Umgebung einen Gartenzwerg mit Schild („In Zeiten wie diesen / betoniert man Wiesen“ / Georg Dietzler), ein Storchennest an Telegrafenmasten, drei Eisengerippe mit Hafer drunter oder kleinen Steinchen oder Eierschalen, welche heftig stinken (Harald Finke). Man ahnt: Thema Natur. Irgendwo wurde Grasnarbe abgetragen, daß es dem menschlichen Schattenwurf ähnele, und in Pla

stiksäcke verfüllt: „Wo der Mensch seinen Schatten hinwirft, entsteht Sondermüll“ (Ulla Lükkerath).

Ebenso mutig und drastisch die ökologische Aussage zweier Sandhaufen beim Cafe Sand am Weserstrand, einer birgt Salz (!),

in einem stecken lauter Zuckerhüte. Daneben zwei Quadrate von Yves-Klein-gebläuten Steinchen nebst angeschwemmten Mumien (eine offenbar in Selbstbefriedigung verschieden). Jede/r en passant-KünstlerIn hat sich ein Fleckchen linksderweser ausgesucht und sich was ausgedacht.

Daß die Objekte und „Situationen“ irgendwas miteinander oder der Gegend bei den Ruderclubs zu tun hätten außer hergeholten Ökologismen, fällt nicht auf. Einzige Ausnahme: Hinrich Sachs‘ Beschäftigung mit dem „Werdereck“, wo er zwischen Krokodilen, Kugelfischen, Seesternen, allerlei Kolonialnippes und Campari salzgebackene Dodekaeder o.ä. als bescheidenen Anmerkungen zum Raum plazierte. Im Übrigen gilt: Gegen die ortsansässigen Holzhaufen, Gummiwagen oder gar die Installation „Licht-und Luftbad“ kommt diese Kunst nicht an. Das Konzept ist defensiv, wenn sich die Kunst in „Randlage“ abdrängen und nur von begeisterten Ostereiersuchern zu finden ist. Kunst, die kleckert.

Auf der „Hal Över„-Fähre sitzt ein sechs Meter langer Lumpenvogel (GadeWe) und bringt uns wieder dahin, wo das Leben ist, und siehe, Breminale-Kunst, die sich nicht versteckt. Die sehr poetische „Wasser-Wind„-Installation von Ann Hult zum Beispiel oder die archaischen „Gralshüter der Elemente“ der GadeWe-AktivistInnen Mechthild Böger, Hermann Böge, Tom Gefken, Jürgen Hänel und Heiko Motschiedler. Dort installiert Tom Koesel einen „Autoraum“ usf. Man kommt nicht dran vorbei, und Gedanken dazu kann man sich ja auch beim Girosbrötchen machen.

Burkhard Straßman