Blinde finden im Rhönrad Halt

■ Körperbehinderte Blinde beim Deutschen Turn- und Sportfest

Dortmund (dpa) - Hans Beer ist blind und körperbehindert, doch mit dem Rhönrad ist er ein As. Ohne Angst steigt er in das Rad, steckt die Füße in die Halteschlaufen und läßt es nach einem kurzen Schubs seiner Betreuerin rollen und schließlich sogar rotieren.

Der 22jährige gehört zu einer Sportgruppe des Blindeninstituts Würzburg, die beim Deutschen Turnfest in Dortmund zeigt, daß auch Blinde dieses schwierige Turngerät beherrschen. In der Westfalenhalle führen acht körperbehinderte junge Männer und Frauen im Alter zwischen 20 und 24 Jahren, die alle nicht sehen können, vor 100 begeisterten Zuschauern mit ihren Rädern zu Musik ein halbstündiges Programm vor.

Seit fast zehn Jahren wird in dem Würzburger Blindeninternat das Rhönradturnen bei der Therapie eingesetzt. Entwickelt hat das Programm Brigitte Brauner, die Bundesjugendfachwartin für Rhönradturnen. Für sie ist das Rhönrad ein ideales Sportgerät für Behinderte. Blinde hätten im Rad immer einen festen Haltepunkt und würden mit dem schaukelnden und rollenden Gerät ein völlig neues Körper - und Bewegungsgefühl erlernen.

„Wenn die Jugendlichen feststellen, daß sie selbst durch Gewichtsverlagerungen und Schaukelbewegungen das Rad drehen und anhalten können können, dann stärkt das ihr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ungemein“, erklärt sie. Dies könne man besonders an Hans Beer merken. „Sonst ist Hans eher ein ängstlicher Typ, aber im Rhönrad legt er alle Furcht ab.“

Einmal in der Woche ist Training, aus einfachen Übungen am liegenden Gerät wurden inzwischen Partnerübungen im rollenden Rad. Schon beim Turnfest 1983 in Frankfurt und 1987 in Berlin waren die Würzburger dabei.

Über das diesjährige Turnfest ist die Gruppe etwas enttäuscht. Bisher immer in den Turnschau-Matineen vor vielen hundert Zuschauern dabei, fanden sie sich in Bochum an den Rand einer Lehrvorführung gedrängt. Deshalb organisierte Brigitte Brauner kurzentschlossen den Auftritt vor der Turnerjugend. „Denn der Beifall ist für die acht jungen Leute das Wichtigste.“

Claus Haffert