Supermächte lassen deutsche Frage offen

■ Der Washingtoner Gipfel verdeutlichte einmal mehr den Dissens über die Zukunft Europas

Am Ende war es ein Gipfel mit viel Atmosphäre, aber wenig Substanz. Zwar zeigten die Gespräche zwischen Michail Gorbatschow und George Bush durchaus Möglichkeiten zukünftiger Kooperation auf. Aber die rivalisierenden Vorstellungen der Präsidenten der USA und der Sowjetunion über die Mitgliedschaft eines vereinigten Deutschlands im westlichen Verteidigungsbündnis Nato blieben bestehen.

Bush und Gorbatschow haben während des Gipfels eine Reihe von Abkommen und gemeinsamen Erklärungen unterzeichnet. Die wichtigsten in Stichworten:

START - der dreiteilige Text zur Reduzierung strategischer Atomwaffen enthält die Punkte, über die nach bisher acht Genfer Verhandlungsjahren Einigung erzielt werden konnte, die Absichtserklärung, einen ersten START-Vertrag bis zum Jahresende zu unterzeichnen sowie die Vereinbarung, sofort mit Verhandlungen für einen zweiten START-Vertrag zu beginnen. START 1 bringt nach Angaben beider Seiten statt der jahrelang in Aussicht gestellten Halbierung der Arsenale lediglich eine Reduzierung zwischen 10 und 30 Prozent - je nachdem, wieviele der verbliebenen Kontroversen bis zum Jahresende noch geklärt werden können.

Chemiewaffen - das Abkommen sieht die Vernichtung der Bestände beider Staaten auf jeweils 5.000 Tonnen bis zum Jahre 2002 vor. Bei Inkrafttreten des Abkommens ist jegliche C-Waffenproduktion zu beenden. Spätestens acht Jahre nach Inkrafttreten eines - bis heute nicht unterzeichneten multilateralen Genfer C-Waffenverbots ist eine Reduzierung auf 500 Tonnen vorgesehen. Eine Vernichtung des Restbestandes in den folgenden zwei Jahren wollen die Großmächte von einer „Mehrheitsentscheidung“ der Unterzeichnerstaaten eines Genfer Abkommens abhängig machen.

Atomare Tests - Verifikationsmaßnahmen für zwei 1974 bzw. 1976 unterzeichnete, jedoch bislang vom US-Senat nicht ratifizierte Abkommen zur Begrenzung militärischer wie ziviler atomarer Tests auf 150 Kilotonnen.

Handelsabkommen - soll die Bedingungen für die Einfuhr sowjetischer Waren in die USA verbessern. Bush will das Abkommen jedoch erst dann dem Kongreß vorlegen sowie die im Abkommen nicht enthaltene - Meistbegünstigungsklausel für die UdSSR erst dann gewähren, wenn das Moskauer Parlament eine seit Monaten bereits praktizierte liberale Ausreiseregelung gesetzlich absichert.

Weizenabkommen - Das Abkommen, für das sich die Lobby der US -Farmer stark gemacht hat, verpflichtet die sowjetische Regierung zur Abnahme von mindestens 50 Millionen Tonnen Weizen in den nächsten fünf Jahren - fünf Tonnen mehr als im laufenden Abkommen.

Luftverkehrsabkommen - soll zu einer Verdoppelung des Passagier- und Frachtverkehrs zwischen beiden Staaten führen. Sowjetische Fluggesellschaften dürfen künftig ohne Restriktionen Tickets in den USA verkaufen. 8,75 Prozent der Plätze auf Flügen von US-Gesellschaften aus der UdSSR in die USA können von Sowjetbürgern mit Rubeln erworben werden.

Atomenergie - das Abkommen sieht weitgehende Kooperation bei der Atomenergieforschung vor.

Kulturabkommen - Verstärkung des Austauschs von Studenten und Akademikern sowie von Publikationen.

Umweltschutz - Einrichtung eines internationalen Naturschutzparks an der Bering-Wasserstraße zwischen Alaska und der UdSSR.

Andreas Zumach, Washington