Harmonisches Miteinander

Folgende Äußerungen kann man von den meisten Deutschen in jeder U-Bahn, in jeder Kneipe und in jeder Kirche öfter mal vernehmen:

„Nein, ich habe nichts gegen Ausländer, aber sie müssen sich integrationswillig zeigen.“

„Nein, wir sind nicht besser als Ausländer. Alle Menschen sind gleich. Sgar Frauen und Asylanten. Wir wollen sie auch gar nicht uns unterordnen - nur - sie müssen sich halt einordnen können.“

„Nein, mir ist egal, ob einer schwarz ist oder weiß, mir ist auch egal, was für eine Sprache er spricht, aber ein Fremder - ich möchte nicht das Wort 'Ausländer‘ gebrauchen muß sich anpassen können.“

Aus diesen, uns Deutschen von Deutschen in den Mund gelegten Worten läßt sich doch folgende These ableiten: „Integration heißt Anpassung.“

Das bedeutet doch aber, daß wir nur denjenigen in Deutschland tolerieren, der sich unserer Gesellschaft, unserem Leben anpaßt. Wir können Toleranz also nur demjenigen entgegenbringen, der unserem Abbild entspricht. Im Endeffekt können wir also nur uns selbst akzeptieren und tolerieren.

(...) Das Leben mit mehreren Kulturen ist mehr als nur die logische Konsequenz eines „Europäischen Hauses“, es ist eine - vielleicht sogar die einzige - Chance des friedlichen und harmonischen Miteinanders. (...) Beim Wort und der Politik des „Nebeneinander“ winkt bereits das Wort und die Politik der „Ausgrenzung“ mit dem Zaunpfahl. Und der Frieden ist doch nur aus machtpolitischen und wirtschaftlichen Interessen begründet - und somit zwangsweise nur momentan und wird mit einer Politik der „Abschreckung“ im wahrsten Sinne des Wortes teuer erkauft.

(...) Nur Harmonie untereinander sichert dauerhaft den Frieden. Und somit stellt jeder Ausländer, der nach Deutschland kommen will - aus welchen Gründen auch immer eine Bereicherung dar. Denn es gehört viel Mut dazu, einen anderen Kulturkreis zu betreten und seinen eigenen zu verlassen. Wir dürfen diesen Mut daher auch nicht länger mit „Ausländergesetzen“ Marke „Helmut“ bestrafen.

(...) Während der Bundespräsident vor Nationalismus warnt, verspricht der Kanzler der noch-BRD „ein Jahrzehnt der Europäer“ - und nicht der Japaner oder Amerikaner. Ist dieser fortschrittliche Gedanke eines „Europa“ somit nicht in Wirklichkeit ein Rückschritt? In meinen kurzsichtigen Augen schon, jedenfalls solange er den Nationalismus nationaler Ebene lediglich durch einen Nationalismus kontinentaler Ebene ersetzt. So wie Helmut Kohl es beim Kirchentag als ein in erste Linie sich selbst liebender Christ dargestellt hat, grenzt ein Europa die Japaner, Amerikaner und andere nicht „nur“ aus, sondern richtet sich sogar offen gegen sie.

Mit dem Hintergrund, daß das Unmögliche immer wieder gedacht werden muß, damit sich das Mögliche retten läßt, appeliere ich an jedeN: Harmonisches Miteinander statt friedliches Nebeneinander. Laßt uns verhindern, daß unsere Erde das gleiche Schicksal wie Atlantis erleidet.

Roger Dalies, Berlin