Chinesische Polizei verprügelt Journalisten

■ Wieder fanden Demonstrationen an den chinesischen Universitäten statt / Bei „Säuberungskampagnen“ wurden mehr als 7.000 „Kriminelle“ festgenommen / Auch die Hinrichtungswelle dauert weiter an / US-Präsident Bush verurteilt die chinesische „Politik der Unterdrückung“

Peking (taz/wps) - Auch in der Nacht zum Dienstag kam es an verschiedenen chinesischen Universitäten zu Demonstrationen gegen das Massaker vom 3./4. Juni 1989 und die anhaltende Repression der Regierung. Mehrere Hundert Studierende versammelten sich in der Universität von Jinan, der Hauptstadt der Provinz Shandong. Sie zerschlugen Flaschen, zündeten Feuerwerkskörper und sangen Protestlieder. In der Peking-Universität beteiligten sich jedoch in der zweiten Protestnacht weit weniger Studenten an den Aktionen als in der Nacht zuvor. Sie waren scharf verwarnt worden.

Mit automatischen Gewehren bewaffnete Polizisten hatten zuvor alle Zufahrtsstraßen zu dem Universitätsgelände abgeriegelt. Sie bedrohten ausländische Reporter und schlugen mit Schlagstöcken auf chinesische Studenten ein. Auch ausländische Studenten wurden geschlagen, als sie vor dem Tor der Uni in ein Taxi steigen wollten. „Die Soldaten drehten durch. Sie schlugen auf alles ein, was sich in Sichtweite befand“, sagte einer der Ausländer. Wie Augenzeugen am Montag berichteten, hatte es in der Nacht zum Montag nicht nur in der Peking-Universität Proteste gegeben, sondern auch in der Pekinger „Renmin„-Hochschule und der Shanghaier „Fudan„-Universität.

Die in Peking akkreditierten Auslandsjournalisten legten am Dienstag beim chinesischen Außenministerium einen förmlichen Protest wegen „schwerer physischer Mißhandlungen“ ein. Einige Journalisten waren mit Gewehrkolben geschlagen und ins Gesicht getreten worden, als sie über die Proteste berichten wollten. Das Außenministerium beschuldigte unterdessen die Korrespondenten, sie hätten mit „Drahtziehern illegaler Aktivitäten“ Kontakt aufgenommen.

Der amerikanische Präsident George Bush hat die chinesische Regierung aufgefordert, von der Politik der Unterdrückung abzulassen. In einer im Weißen Haus in Washington veröffentlichten Erklärung warf er Peking „Mangel an Respekt für die international anerkannten Menschenrechte“ vor. Bush selbst mußte sich daraufhin vom Führer der demokratischen Mehrheit im Senat, George Mitchell vorwerfen lassen, China gegenüber zu nachgiebig zu sein. Erst vor wenigen Tagen hatte der Präsident die Meistbegünstigungsklausel für Importe aus China verlängert.

Die Repressionswelle in China hält unvermindert an. Allein in Peking sind nach Angaben der chinesischen Presse bei sogenannten „Säuberungskampagnen“, mit denen die Ruhe während der im September stattfindenden Asienspiele gesichert werden soll, 7.000 „Kriminelle“ festgenommen worden. Dutzende Hinrichtungen wurden aus Peking, Shanghai, Kanton und anderen Städten berichtet.

hbo