Explorationen in der Wohnstube

■ „4 Horns & What?“, Blasquartett plus Schlagzeug aus New York im Theater im Schnoor

Da stehen sie jetzt. Etwas betreten blättern sie in ihren Notenstapeln, klopfen sich mit Blicken auf die Schultern und können sich gar nicht daran gewöhnen, daß sie so gut sind. Manchmal müssen sie sogar richtig ein bißchen strahlen vor Glück. Aber macht ja nichts, denn nicht unter allen Umständen ist eine Bühne eine Bühne und schon gar nicht heute abend im Theater im Schnoor. Heute ist sie eine Wohnstube, in der der flanellkarierte junge Schlagzeuger Phil Haynes aus dem Hinterwald Oregon gerne erzählt, wie es zu seiner New Yorker Band „4 Horns & What?„ kam und wie die einzelnen Stücke heißen, diese eigenartig verschlungenen, halb

spontanen Kompositionen, in denen sich ständig der zentrale Orientierungspunkt auflöst und dem nächsten Platz macht. Wo sie gemeinsam ihrem Zuhörerkreis diese dynamischen Klangexplorationen vorführen. Wo Musik eine Weise ist, sich auszutauschen und nicht nur ein verzweifelter Versuch, sich in seiner Viertelstunden-Berühmtheit zu wälzen. Und wo das Publikum mit konzentrierter Aufmerksamkeit und lautstarker Begeisterung antwortet, was bei gut 25 Händepaaren gar nicht so leicht ist.

Ein Schlagzeuger und ein Bläserquartett, eine kammermusikalische Konstellation, nur lauter. Blechklang vom voluminösen

Schmatzen der Tuba bis zu den schneidenden Höhen aus der Trompete; Holzklang zwischen dem warmen schmelzenden Dröhnen eines Bariton- und dem nervösen Kreischen, das ein überblasenes Altsaxofon serviert. Dazwischen eine Posaune und ein Tenorsax, alle miteinander ihre klangliche Bandbreite voll ausspielend. Ein filigranes Geflecht von vier verschiedengefärbten Linien. Mal die eine im Vordergrund, mal eine andere. Mal auch nur eine einzige Stimme, die klingt, verharrt, in sich hineinhört, sich besinnt, neu ansetzt. Ein harmonisches Netz, das im Moment entsteht. Freies Spiel, strukturiert durch akribisch aus

geklügelte, komponierte Elemente, Anleihen bei der zeitgenössischen Klassik. Und dann ist da ja noch Phil Haynes, der trommelt. So einer, der mit diversen Sorten Besen, Mallets und Sticks seinen Trommeln den Teufel auszutreiben versucht oder im nächsten Moment leicht dem Klappern nachspürt. Einer, der aus dem Nichts einen mitreißenden Groove zaubert um ihn immer weiter zu intensivieren und dann genüßlich zu zerbröseln. Der gemütliche Junge von der Farm nebenan, der sich, wenn er hinter seinem Schlagzeug sitzt, in ein wildes Energiebündel verwandelt.

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