Medien in BRD und DDR: Alles unter Kontrolle?

Amt für Wettbewerbsschutz in der DDR installiert / Enge Zusammenarbeit mit Bundeskartellamt / Pressefusionen sollen in Zukunft kontrolliert werden / Geraten die Verträge von Axel Springer und Gruner + Jahr noch in Gefahr? / Kartellabsprachen sollen verboten werden  ■  Aus Berlin Ute Thon

Was in der DDR längst zur Tagesordnung gehört, soll in Zukunft kontrolliert werden: deutsch-deutsche Unternehmensfusionen, Firmenübernahmen und westliche Kapitalbeteiligungen an DDR-Betrieben. Reinhold Wutzke, Vizepräsident des Amtes für Wettbewerbsschutz der DDR, stellte gestern ein neues Gesetz vor, auf dessen Grundlage seine Behörde von nun an tätig sein wird. Bei dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, das in der gestrigen Volkskammersitzung verabschiedet werden sollte, handelt es sich um eine weitgehende Übernahme des gleichlautenden bundesrepublikanischen Gesetzes. Dazu gehören verschiedene Anpassungsregelungen, die den Bedingungen des Übergangs von der Plan- zur Marktwirtschaft in der DDR Rechnung tragen. So war es auch nicht verwunderlich, daß neben dem Vertreter der DDR-Kartellbehörde auch Wolfgang Kartte, Chef des Bundeskartellamtes in West-Berlin, auf dem Podium saß. Zwischen den beiden Behörden gebe es eine freundschaftliche Zusammenarbeit. „Wir bilden zur Zeit zwei Leute von drüben bei uns aus, und ein Mitarbeiter aus unserem Haus hilft derzeit beim Aufbau der neuen DDR-Behörde in Ost-Berlin mit“, sagte Kartte über die Zusammenarbeit.

Mit dem Gesetz sollen im wesentlichen drei Bereiche erfaßt werden: das Verbot von Kartellabsprachen, die Aufsicht über marktbeherrschende Unternehmen und die Fusionskontrolle unter dem Gesichtspunkt des Entstehens oder der Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung. Als Beispiel für notwendige Überwachung wettbewerbsbeschränkender Fusionen beschrieb Medienminister Gottfried Müller (CDU) die Situation auf dem DDR-Pressemarkt. So seien etwa 100 Fälle von ausländischen Verlagsbeteiligungen an DDR-Zeitungen bekannt. Dem Medienkontrollrat oder dem Wirtschaftsministerium liegen aber erst drei offizielle Anträge auf solche Kooperationen vor. Nach dem neuen Gesetz unterliegen solche Zusammenschlüsse einer Anzeige- und Prüfpflicht. „Bei Beteiligung von Großunternehmen müssen Zusammenschlüsse bereits vor Vollzug bei der Kartellbehörde angemeldet werden“, heißt es in dem Gesetz. Müller verriet auch prompt, auf wen sich nun das besondere Augenmerk richten müsse: auf die ehemaligen SED-Bezirkszeitungen, die immer noch fest in PDS-Hand seien und schon jetzt in den Regionen ihres Erscheinens eine absolute Monopolstellung innehätten. Grundsätzlich sei es zwar medienpolitisch wünschenswert, wenn westliches Kapital und Know-how in beliebiger Höhe in die sanierungsbedürftigen DDR-Verlage fließe, doch wenn auf ein altes Monopol jetzt noch ein neues stieße, so sei das mehr als bedenklich. Auf die Verhandlungen des britischen Mediengiganten Maxwell mit dem Berliner Verlag angesprochen, der sich noch in 100prozentigem PDS-Besitz befindet, äußerte der Medienminister Bedenken. Der Berliner Verlag besäße im Berliner Raum schon jetzt eine marktbeherrschende Position, die durch die Beteiligung eines Medienriesen wie Maxwell nicht noch verstärkt werden sollte. Wettbewerbsschützer Wutzke hatte da weniger Einwände. Viel problematischer wäre für ihn eine eventuelle Beteiligung des Springer-Verlages. Doch, so erläuterte er weiter, noch hätten weder diese Großverlage noch andere Unternehmen bei den DDR-Behörden offiziell um Beteiligungen an DDR-Betrieben nachgefragt. Beobachter des Berliner Pressemarktes können da nur müde grinsen: Gruner + Jahr beteiligt sich an der 'Sächsischen Zeitung‘ in Dresden (Auflage 550.000), die 'WAZ'-Gruppe steht in Verhandlungen mit der 'Leipziger Volkszeitung‘ (Auflage: 451.000), Springer ist bereits bei einer ganzen Palette von Titeln ('Märkische Volksstimme‘, 'Der Morgen‘, 'Fußballwoche‘, 'Sächsisches Tageblatt‘) im Geschäft. Wutzke möchte solche Absprachen jetzt durch seine Behörde im nachhinein auf ihre Wettbewerbsverträglichkeit hin prüfen lassen. Nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes soll es eine rückwirkende Gültigkeit erhalten. Alle Verträge, die ab dem 26. Januar dieses Jahres geschlossen wurden, können daraufhin rückwirkend unterbunden oder mit Auflagen versehen werden. Allerdings räumt das Gesetz in allen Fällen einen weiten Ermessensspielraum ein. Denn statt einer Untersagungspflicht, wie sie im bundesdeutschen Recht verankert ist, gibt es im Wettbewerbsrecht der DDR lediglich ein Untersagungsrecht. Zur Begründung dieser Abweichung erklärte Wutzke, daß eine schnelle Ankurbelung der DDR -Wirtschaft ausländischen Kapitals und ausländischer Beteiligung dringend bedürfe und durch diesen Ermessensspielraum Entscheidungsfristen verkürzt werden könnten.