Zu radikal

■ betr.: "Unsichtbare Arbeit", (Deutscher Hausfrauen-Bund feiert 75jähriges Bestehen), taz vom 23.5.90

betr.: „Unsichtbare Arbeit“ (Deutscher Hausfrauen-Bund feiert 75jähriges Bestehen),

taz vom 23.5.90

In dem Bericht schreibt Ihr, da der Deutsche Hausfrauen-Bund (DHB) die Forderung „Lohn für Hausarbeit“ nicht im Programm hat. Das ist wohl wahr.

Es gibt aber eine jüngere und dynamischere Organisation für Hausfrauen/-männer (seit 1979), die diese Forderung erhebt: Die Deutsche Hausfrauen-Gewerkschaft e.V. (DHG), die gerade mal wieder diskutiert, ob sie ihren Namen ändern soll (Gewerkschaft in der Familie Arbeitenden...?).Die DHG will, daß das Erziehungsgeld abgelöst wird von einem „Gehalt für Familienarbeit“ (für Erziehungs- und/oder Pflegearbeit in der Familie). Es soll sich am Durchschnittsgehalt orientieren, von dem dann Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind. (Im Januar 90 haben wir in Stuttgart ein Seminar durchgeführt zum Thema „Gehalt“. Die Referate sind gegen zehn DM in Briefmarken zu beziehen bei Petra Hüneke -Eisel, Linzer Straße 3, 7000 Stuttgart 30).

Das ist dem Hausfrauenbund viel zu radikal. Deswegen stimmten dessen Delegierte sowohl im Deutschen Frauenrat als auch im Landesfrauenrat Baden-Württemberg gegen die Aufnahme der Hausfrauen-Gewerkschaft. Die DHG wird zudem als überflüssig, als unliebsame Konkurrenz angesehen.

Das ist albern, zumal sich der „Bund“ hauptsächlich auf hauswirtschaftliche Ausbildung und auf VerbraucherInnenarbeit verlegt hat. Er nimmt Arbeitgeberfunktion wahr, indem er Tarifverträge für Hauswirtschafterinnen formuliert und so weiter.

Die „Gewerkschaft“ dagegen arbeitet ausschließlich auf politischer Ebene, allerdings alles ehrenamtlich, mangels Geld.

Beide, DHB und DHG fordern, daß die Hausarbeit ins Bruttosozialprodukt einbezogen wird. Dadurch hat aber keine Frau einen Pfenning mehr in der Tasche, lediglich das Verschweigen dieser Arbeit wird aufgehoben. - Aber auf die wirklich partnerschaftliche Teilung der Erziehungs- und Hausarbeit wollen wir nicht warten, außerdem sollte auch die bisherige Arbeitsteilung möglich sein, aber ohne diese negativen Folgen für Hausfrau/Hausmann. Uns geht es also um eine echte Wahlfreiheit, für Verheiratete wie für Alleinerziehende! Damit nicht genug! Wir wollen auch noch das Eherecht geändert haben: Es ist uns zu männerfreundlich!

All diese hirnrissigen Forderungen gefallen den wenigstens PolitikerInnen. (...) Wäre die Hausfrauen-Gewerkschaft auch angepaßter, würde sie sicher wie der DHB mit öffentlichen Geldern unterstützt, könnte durch Werbung auf sich aufmerksam machen, bekäme mehr Mitglieder... (...)

Deutsche Hausfrauen-Gewerkschaft e.V., Postfach 1462, 53OO Bonn 1, DHG-Landesvorstand Baden Württemberg, Gesa Ebert