Privatisierung eines Konflikts

Trägerverein „Sprengel e.V.“ soll Eigentümer werden / NutzerInnen sehen Probleme  ■  Aus Hannover Hannes Koch

Der Berliner Sozialberatungsverein BBJConsult hat eine grundsätzlich positive Stellungnahme zum Sprengelprojekt in Hannover abgegeben. Der Trägerverein „Sprengel e.V.“ und die NutzerInnen der ehemaligen Kofferfabrik seien in der Lage, das Projekt durchzuführen.

BBJ Consult war von den hannoverschen Ratsfraktionen von SPD und Grün-Alternativer Bürgerliste (GABL) „in einem letzten Versuch“ als Vermittler eingeschaltet worden, weil die Verhandlungen zwischen der Stadtverwaltung und den früheren BesetzerInnen zu keinem Ergebnis geführt hatten. BBJ schlägt vor, den Konflikt zwischen „Staat und Besetzern“ durch Privatisierung zu entschärfen. Der bisher als Anwalt für die Interessen der NutzerInnen aufgetretene Trägerverein soll quasi Eigentümer des Geländes werden. Die Stadt Hannover überträgt dem Verein Freiflächen und Kofferfabrik in einem Erbbauvertrag. Die NutzerInnen sollen mit dem neuen Hausherrn Mietverträge abschließen.

BBJ meint, daß die Kofferfabrik mit erträglichen Kosten für 53 BewohnerInnen saniert werden kann und der Trägerverein in der Lage ist, den Bauherrn zu spielen. Für die BewohnerInnen der Fabrik würde ein Vertrag auf dieser Basis erstmal eine Atempause bedeuten, weil weiterhin die Räumungsdrohung der Stadt über ihren Köpfen schwebt. Trotzdem sehen sie erhebliche Konflikte mit dem Trägerverein auf sich zukommen.

Das Konzept von BBJ ziele darauf ab, die BewohnerInnen durch den Umbau des Hauses zu „zivilisieren“. Der Ausbauzustand sei zu hoch angesetzt, die Verschönerung der Fabrikfassade zum Beispiel sei überflüssig. Weil die NutzerInnen 15 Prozent aller Umbauarbeiten selbst erledigen oder bezahlen müssen, wollen sie den Umfang der Sanierung so gering wie möglich halten, um nicht ihre hausinternen Strukturen lahmzulegen. Auch die zukünftige Miete von ungefähr 250 Mark pro Kopf sei zuviel.

Der hannoverschen SPD-Ratsfraktion reicht die Stellungnahme von BBJ noch nicht. Sie will den Druck aufrechterhalten und eine endgültige Entscheidung über die Zukunft des Sprengel -Projektes erst im September treffen. Die hannoversche Stadtverwaltung verfolgt derzeit weiter ihr eigentliches Ziel: den Abriß der Kofferfabrik.