STADIONFREUDEN

Schöner warten auf Prince  ■ A B T . V O L L E N W E I D E R - S P E K T A K E L

Dem kleinen großen Meister der musikalischen Karezza blieb das Hinhalten (Take my cock and suck it, baby) nicht allein überlassen. Schon vor den quälerischen Endlossoli auf Tulpengitarre und hellblauem Klavier und den brutalen prä -klimatischen Pausen in Alphabet St. kam es zu schönen Verzögerungen aus dem Hause Mama Concerts und Lippmann&Rau. Sie führten zu höchster Genußsteigerung. Es begann schon schon am Eingang der Waldbühne, der nach dem Prinzip Sanduhr funktionierte und mit lächerlichen drei hüftbreiten Durchlässen dem menschlichen Durchfluß nicht gerecht wurde, zumal die Taschenkontrollen etwa so gründlich waren wie auf dem Flughafen von Beirut. So durfte man sich im Steckkontaktabstand eine dreiviertel Stunde endlich so fühlen wie vor der Leipziger Stasi-Zentrale und Wir sind das Volk kreischen. Leider zeigten einige der umstehenden Tupperware-BesitzerInnen für solcherlei Zügellosigkeiten keinerlei Verständnis.

Endlich drin wurde Gott sei Dank schnell klar, daß der verabredete Beginn wegen des lahmen Einlassens wohl kaum eingehalten werden würde. So vergnügte man sich mit dem Verzehren schwarzgegrillter Nackenkoteletts, dem Bewundern von cirka fünf Sommer- und Winterkollektionen Hennes&Mauritz und dem Studieren besonders gelungener Physiognomien, besonders leerer Blicke und dem Abschätzen von Verwandtschaftsgraden auf den Nebenbänken.

Nach einer Stunde klang dann Andreas von der Vollenweider aus den Boxen, das eingebürgerte furchtbare Signal dafür, daß es bald losgehen wird. Doch nein, rettend trat stattdessen eine Vorgruppe nicht zu verstehenden Namens auf die Bühne, aus Sidney, Australia. Als Frontfrau die übliche Poplady, die etwas aus den Charts nachsang. Und das fast eine satte Stunde lang. Am Ende wünschte sie goodnight, was nett konsequent war.

Doch mit dieser freundlichen Desavouierung eines ganzen Kontinents war es des Aufschubs immer noch nicht genug, begannen doch nun die Roadies aus der Prinzengarde gemütlich die Bühne staubzusaugen. Erst nach einer weiteren Viertelstunde trat eine Handvoll Prince-Doubles aus dem Schwarzlicht, bis schon nach fünf Minuten ein gelber Punktstrahler den Richtigen zeigte. Auch die Tatsache, daß der Meister das Publikum inflationär mit dem Namen der künftigen Hauptstadt ansprach, half nichts mehr, tröstete nicht. Nun war die Wartezeit vorbei. Und erst nach einer zähen Stunde und fünfzig Minuten Show durfte man am Theodor -Heuss-Platz wieder im Stau stehen.

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