Studenten kämpfen weiter um ihr Stip

■ Die Studenten bleiben bei ihren Forderungen nach Erhöhung der Stipendien auf 495 Mark / Erneute Demonstration vor der Volkskammer geplant / Erklärung der Studenten soll vom Volkskammervizepräsidenten verlesen werden

Berlin (taz) - DDR-Studierende kämpfen weiter um die Erhöhung ihrer Stipendien. Bei einem Solidaritätskonzert für die Mahnwache vor der Volkskammer riefen StudentInnen für den heutigen Freitag zu einer erneuten Demonstration auf. Außerdem soll Vizepräsident Höppner heute morgen in der Volkskammer eine Erklärung der Studierenden verlesen.

Der Studentenrat der Humboldt-Universität und der Republik -Sprecherrat bezogen während des „Soli-Happenings“ für die „Aktion 495“ vor dem Berliner Dom erneut Stellung gegen die bislang geplante Stipendienregelung. Guido Tuschke bezeichnete die Erhöhung des Stipendiums auf 280 Mark als völlig unzureichend. Er lehnte insbesondere die Möglichkeit einer weitergehenden elternabhängigen Förderung bis zu 450 Mark strikt ab. Es gehe um eine Grundversorgung der Studierenden, die unabhängig vom Einkommen der Eltern ist, sagte Tuschke, der dem Republik-Sprecherrat angehört. Für den kommenden Donnerstag rief er zu einem außerordentlichen Treffen der Konferenz der Studentenräte der DDR auf.

Eine elternabhängige Förderung der Studierenden griff auch Heinrich Fink scharf an. Der Rektor der Humboldt-Uni sagte, mit 18 dürfe niemand mehr von der Familie abhängig sein. „Es geht um eure Souveränität, um eure Emanzipation“, rief er den etwa 2.000 StudentInnen vor dem Berliner Dom zu. Unter deren Beifall bekräftigte Fink, daß er sich dem Diktat derer nicht unterwerfen werde, „die euch nicht 495 Mark geben.“ Fink weitete seine Kritik auf den Staatsvertrag aus. „Mich betrifft sehr stark, daß da nichts über Wissenschaft drin steht.“ Fink appellierte an die demonstrierenden Studentinnen und Studenten, in der Wahl ihrer Mittel behutsam zu bleiben. Er halte einen Hungerstreik nicht für das Angemessene, äußerte sich der Theologe zu einem entsprechenden Aufruf.

Auch Bildungsminister Hans-Joachim Meyer, der am späten Mittwochabend zu dem Fest der Mahnwache gekommen war, versuchte, die Studierenden zu beruhigen. „Wenn Sie demonstrieren, dann tun Sie es in einer Weise, die uns ein Mehr an gesellschaftlicher Diskussion bringt“, sagte Meyer.

Bereits vor dem Auftritt von Meyer hatten der Humboldt -Studentenrat und der Republik-Sprecherrat für heute, 14 Uhr, zu einer Demonstration aufgerufen. Da endet die Mahnwache, und die StudentInnen wollen zum Ministerrat ziehen. Auch die Volkskammer selbst wird sich gleich zu Beginn ihrer heutigen Sitzung in einer Aktuellen Stunde mit der Stipendienfrage befassen. Dabei soll es dann zu einer weiteren parlamentarischen Neuheit kommen. Da in der Volkskammer keine StudentIn sprechen darf, soll Volkskammervizepräsident Höppner (SPD) höchstpersönlich eine Erklärung der Studierenden verlesen, beschloß das Präsidium der Volkskammer.

Vor dem Berliner Dom war am Mittwochabend überraschend Liedermacher Gerhard Schöne aufgetreten. Außerdem kamen zu dem Fest aus Solidarität mit der studentischen Mahnwache erstmals auch Studierende aus Westberlin. Dort wurde am gleichen Tag gegen die Einführung einer Zulassungsbeschränkung an den Hochschulen des Westteils demonstriert. Die Berliner Wissenschaftssenatorin Riedmüller -Seel will einen Numerus clausus, um die Westberliner vor dem Ansturm von DDR-StudentInnen zu schützen.

Cif