Leuchtmunition gegen Startbahn-Gegner

Die Anwälte im Frankfurter Prozeß werfen der Polizei die Schaffung einer „kriegsähnlichen Situation“ vor  ■  Von Michael Blum

Frankfurt (taz) - Der an der Startbahn West des Frankfurter Rhein-Main-Flughafens am 2. November 1987 erschossene Hundertschaftenführer Klaus Eichhöfer soll kurz vor seinem Tod den Befehl zum gezielten Einsatz von Leuchtspurmunition gegeben haben. Eine ehemalige Startbahngegnerin und persönliche Freundin Eichhöfers berichtete gestern im Startbahnprozeß, dies habe ihr ein Kollege von der Hanauer Bereitschaftspolizei berichtet. Demnach hat Hundertschaftsführer Eichhöfer unmittelbar bevor ihn die tödliche Kugel traf, den Befehl gegeben: „Es ist auf die Demonstranten mit Leuchtmunition zu schießen.“

Nach Einschätzung der Zeugin könne dies aber auch „ein Gerücht sein“. Sie habe am Abend des 2. Novembers beobachtet, wie Polizisten mit weißer Leuchtmunition in Richtung Demonstranten feuerten. Polizeiführung und Polizeizeugen hatten einen solch‘ gezielten Signalmunitionseinsatz bislang abgestritten. Die Verteidigung erklärte gestern, daß die Polizei „mit diesem gefechtsmäßigen Vorgehen eine kriegsähnliche Situation geschaffen“ habe. (Sind an der Startbahn eigentlich zwei Polizisten oder zwei Demonstranten erschossen worden, fragt sich da mancher verzweifelt - d. säzzer)

Im Startbahnprozeß sind Frank Hoffmann und Andreas Eichler der Ermordung von zwei Polizisten und der Verletzung weiterer Beamten angeklagt. Wie die Zeugin gestern weiter aussagte, habe sie die Polizeibeamten am Abend der Auseinandersetzungen gewarnt. Ein junger Mann, den sie auf Lichtbildern später als Andreas Eichler wiedererkannt habe, hatte auf dem Hinweg zur Startbahn die Demonstranten informiert. „Heute abend geht jeder auf seine eigene Verantwortung raus“, soll er gesagt haben. Sie habe das als Signal verstanden, daß es massive Auseinandersetzungen geben werde. Sie habe daraufhin mehrfach Polizisten angesprochen, die ihre Warnung allerdings nicht ernst genommen hätten.

M.B.