„Dieser seltsame Sog in den leeren Raum“

■ Gespräch mit Dr. Peter Meier, Kulturreferent der Angestelltenkammer, über ein neues Projekt und die Kultur der Einkaufszentren

Galerien, Passagen, Einkaufszentren: auch in Bremen breitet sich die leere Sinnlichkeit von „Erlebniswelten“ aus. Die Angestelltenkammer Bremen hat eine Fotoausstellung in Auftrag gegeben, ab Dienstag zu sehen. Titel: „Lebens -Welten“. Die taz sprach mit dem Kulturreferenten der Angestelltenkammer, Dr. Peter Beier.

taz: Warum Lebens-Welten zeigen?

Dr. Peter Beier: Wir wollen uns stärker konzentrieren auf Zustand und Entwicklung der großen öffentlichen Räume. Unsere kulturelle Alltagserfahrung ist davon ja entscheidend geprägt.

Wie?

Hier in Bremen wird ja, um ein Großstadtimage aufzubauen, öffentlicher Raum zunehmend privatisiert. Der Weserpark tut öffentlich, ist aber ein riesiges Pri hierhin bitte das Foto

mit dem Männergesicht

rechts oben in der Ecke

vatareal.

Und die Lloyd-Passage?

Da ist eine Pseudo-Stahlkathedrale zwischen Hochhäuser geklemmt und schafft eine Welt des Kaufens und Konsumierens. Von sowas werden die öffentlichen Räume, Märkte, Gassen regelrecht eingesogen, enteignet. Und dann pumpt man künstliches Leben hinein.

Ihr habt, neben einem öffentlichen Kolloquium im Herbst, mehrere Ausstellungen zum Thema geplant. Was werden wir in der ersten sehen?

Fotos von Andrea Künzel. Die hat 10 Jahre bei C&A gelernt und gearbeitet und bringt von daher ganz eigene Erfahrungen mit. Jetzt studiert sie Weiterbildung und macht eine Zusatzausbildung als Fotografin.

Was ist auf den Bildern?

Frau Künzel hat die Größe dieser neuen Räume eingefangen und

dadurch, daß sie oft sehr nah in die Details gegangen ist, ist auch die Leere, die Kommunikationslosigkeit solcher Lebens-Welten im Blick. Die Bilder sind übrigens alle in Bremen entstanden, auch zum Beispiel das mit den Einkaufswagen, mit diesem seltsamen Sog in den leeren Raum.

Werden Bilder heute noch wahrgenommen?

Ich hoffe, daß unsere Bilder die Dinge nicht nur verdoppeln. Auch weil sie zur Detailsicht zwingen. Man kann da nicht als Flaneur im großen Ganzen ver

schwinden.

Was ist euer Interesse an den Dingen?

Wir wollen schon weg von der Fixierung auf die gute alte Arbeiterkultur, die ja nur noch als Reminiszenz existiert. Wir wollen rein in die neuen Milieus, und die sind geprägt vorwiegend von Gestalt und Organisation der kulturellen, der öffentlichen Räume. Dort entstehen die neuen Bilder, dort werden richtiggehend Identitäten produziert. Dort vollzieht sich eine manchmal recht bruchhafte Entwicklung.

Stehen wir nicht schon rücklings an der Wand? Kann es noch um kulturelle Hegemonie gehen?

Es muß. Auch wenn gerade nicht viel zu erreichen ist. Nimm nur mal den Neofaschismus. Der besteht zu einem guten Teil aus Identitätsbrüchen, aus Verunsicherung, aus kurzfristigen neuen Angeboten. Das Thema steht offen, ob wir wollen oder nicht. Fragen: scha

Die Fotoausstellung von Andrea Künzel wird am 25.6 um 19.30 Uhr eröffnet. Bis 20. 7. im Kultursaal der Angestelltenkammer.