Neu im UT: „Nächtliche Sehnsucht“

■ Hemmungslos

Manchmal bedarf es nur einiger weniger Namen, und der Entschluß ist perfekt. Gerard Depardieu und Catherine Deneuve in einem Film, da ist der Kinogang unausweichlich. Da kann das Drehbuch noch so schwach sein, aber zwei herausragende SchauspielerInnen, das dürfen wir uns nicht entgehen lassen. Der vor sinnlicher Lust knisternde deutsche Titel erhöht die Sogwirkung: Nächtliche Sehnsucht. Dahinter steht auf dem Plakat: Hemmungslos. Das kann sich jede schon im Voraus ausmalen. Der knollennasige Depardieu guckt mit seinen Knopfaugen in das ebenmäßige Antlitz der blonden Deneuve, und schon geht die Post ab. Nachts, sehnsüchtig - hemmungslos eben.

Die Eingangssequenz der Kinoarbeit von Francois Dupeyron: Eine nächtliche Autofahrt, es regnet leicht, und die wunderschöne Frau Deneuve redet mit angespannten, aber anmutigen Blicken auf einen Mann ein. Das ist nicht Depardieu. Also folgern wir glasklar, denn Zeit genug bleibt bei dieser Szene, gleich muß Depardieu auf den Plan kommen. Beide werden sich in die Augen schauen, und nur wenig später machen sie etwas richtig Hemmungsloses.

Falsch, ganz falsch. Der Mann aus dem Auto schmeißt die göttliche Deneuve doch tatsächlich auf einem naßkalten Rastplatz auf's Pflaster und ihren teuren Pelzmantel gleich hinterher. Dann fährt er weg. Nun geht alles sehr schnell. Viel zu schnell. Depardieu kommt hinter seinem Wagen hervorgeschossen und sagt doch tatsächlich zu der ebenso hilflos wie attraktiv dreinschauenden Deneuve: „Du riechst nach Nutte.“

Also mal ehrlich, auch wenn der Regisseur, wie-hieß-er-noch -gleich, mit am Drehbuch geschrieben hat, er also wissen muß, warum er das macht - so geht das ja nun auch nicht. Das hemmungslos im Titel deutete da in eine ganz andere Richtung. Doch nach einer halben Stunde dämmert es unheilschwanger auf der Leinwand und auch in den Köpfen des Publikums. Wir sind einem Scharlatan aufgesessen. Da hat doch dieser Dupeyron Frau Deneuve und Herrn Depardieu auf die Shell-Raststätte Portes-Les-Valences geschleppt, nur um sie endlose einhundert Minuten aufeinander einreden zu lassen.

Sie ist beileibe keine Prostituierte, sondern eine devote Hausfrau, und er ist ein unflätiger Chirurg, aber darauf kommt es nicht einmal an. Erst will er, daß die Frau verschwindet, und dann, daß sie bleibt. Sie will aber zu ihrem Ehemann, und darum brettern einige besoffene Fernfahrer mit ihr auf der falschen Fahrspur durch die Nacht. Motoren heulen unablässig durch den Film, Depardieu redet und redet und......

Was das alles soll? Wie der Titel zu verstehen ist? Warum die tolle Catherine Deneuve dabei mitmacht? Wir wissen es nicht. Ehrlich. Jürgen Franck

UT, 15.30, 18, 20.30h; Do, Fr, Sa auch 23h!!!!