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Die Gurke des Tages: Higuita

DIE

HIGUITA

Um keinen Preis der Welt wollten wir ihn bei dieser WM zur Gurke machen: Jose Rene Higuita, den Verlachten, Geschmähten, Vielbekrittelten; Higuita, den Torwart, dessen Reich nicht der Strafraum, sondern die gesamte eigene Hälfte ist, der die verbissenen deutschen Stürmer Klinsmann und Völler so herzerfrischend veräppelte, daß diese ganz wild und garstig wurden und ihm dauernd ans Schienbein traten; Higuita, den kolumbianischen Langhaar-Ausputzer, der wie kein anderer in seinem Team die 40-Meter-Pässe beherrscht, der dribbeln kann wie Libuda und auf dessen ersten Fehler die hiesigen Jünger der Sicherheit und des Kalkulierbaren so sehnsüchtig warteten wie der Verdurstende auf die Fata Morgana.

Nun kommt er doch ins Gurkenglas. Nicht wegen seines läppischen Mißgeschicks kurz vor Schluß der Verlängerung, welcher Kamerun das 2:0 ermöglichte. Bewahre. Sowas kann jedem passieren. Nein, der Grund für die gürkliche Metamorphose ist ein anderer: Higuita spielt einfach zu defensiv! Wer, wenn nicht er, wäre gegen Kamerun in der Lage gewesen, seinem schlappen Team Impulse zu geben, mit langen Bällen die gegnerische Deckung aufzureißen, mit gewaltigen Schüssen das Tor N'konos in Gefahr zu bringen, mit raffinierten Alleingängen Elfmeter zu schinden und sie sogleich selbst zu verwandeln. Aber Higuita interpretiert seine Libero-Rolle eindeutig zu konservativ. Was ihm fehlt, ist ein bißchen mehr Mut zum Risiko. Dabei bräuchte er nur auf seinen Trainer Maturana zu hören: „Was heißt schon Risiko“, pflegt der immer ebenso hübsch wie heimatverbunden zu sagen, „das ganze Leben ist ein Risiko!“

Matti

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