Zwei plus vier: Deadline Oktober

■ Sowjetunion stimmt verschärftem Tempo zu / Übergangsperiode oder Abwicklungsfrist, das ist die Frage / Meckel (DDR) sieht sich als Vermittler / Stoltenberg (BRD) lehnt Obergrenze von 300.000 Soldaten ab

Berlin (dpa/taz) - Der neue sowjetische Botschafter in Bonn, Wladislaw Terechow, hat am Sonntag davor gewarnt, den gedrängten Zeitplan für den Abschluß der 4+2-Beratungen, die KSZE-Konferenz und die Wahlen als gesichert anzusehen. Terechow sagte der Illustrierten 'Bunte‘: „Vor einer gesamtdeutschen Wahl müssen alle anstehenden Fragen bei den 2+4-Gesprächen geklärt werden.“ Er betonte: „Wir verhandeln intensiv, aber wir müssen uns Zeit lassen für diese Gespräche, um zu guten, einvernehmlichen Lösungen zu kommen.“ Der Sowjetbotschafter relativierte damit die Aussagen von Schewardnadse auf dem Berliner Sechser-Treffen des vergangenen Freitag. Dort hatte der sowjetische Außenminister den Zeitrahmen bis Ende Oktober für ausreichend erklärt und selbst eine Vorverlegung der KSZE -Konferenz, die das Ergebnis völkerrechtlich ratifizieren soll, auf November vorgeschlagen.

Die Vorschläge, die die sowjetische Delgation auf der Berliner Beratung in Form eines Vertragsentwurfs gemacht hatte, sind von den fünf anderen Konferenzteilnehmern umgehend verworfen worden. Insbesondere wurde der Kern dieses Vorschlags zurückgewiesen, nach der Vereinigung Deutschlands eine Übergangsperiode vorzusehen, innerhalb derer die weiterbestehenden Bündnisse nicht ausgedehnt und die alliierten Truppen stufenweise aus Deutschland abgezogen werden sollten. „Ich habe den Eindruck“, sagte US -Außenminister Baker, „daß die Sowjetunion Deutschland über einen längeren Zeitraum die volle Souveränität vorenthalten will.“ Genscher wiederholte, daß eine Übergangsperiode auszuschließen, „Abwicklungsfristen“ für den Abzug der sowjetischen Truppen aber denkbar wären.

Hingegen ist Schewardnadses Vorschlag, für die Armee des vereinten Deutschland eine Obergrenze von höchstens 250.000 Mann festzulegen und dies in Wien oder - wenn das zu lange dauert - innerhalb von 2+4 auszuhandeln, von den westlichen Regierungen nicht vollständig abgelehnt worden. Laut 'New York Times‘ vom Wochenende, die sich auf Angaben amerikanischer Regierungsvertreter stützt, will die Nato in Wien Obergrenzen für alle mitteleuropäischen Streitkräfte vorschlagen, um Deutschland nicht zu „singularisieren“. Auch Stoltenberg ließ verlauten, eine Obergrenze von 250.000 sei unannehmbar und bedeute einen „minderen Sicherheitsstatus“ für Deutschland.

Meckel: Nur 300.000 Soldaten

DDR-Außenminister Markus Meckel nahm hier eine mittlere Position ein. Er schlug vor, daß die beiden deutschen Staaten von sich aus eine gemeinsame Höchststärke ihrer Armeen von 300.000 Mann festlegen sollten. In Interviews am Wochenende forderte Meckel von der Nato Kompromißbereitschaft. Seine Erwartungen richten sich auf den nächsten Nato-Gipfel in London. Dort wird eine Erklärung erwartet, wonach der Warschauer Pakt und die SU nicht mehr als Gegner betrachtet und Kooperations- bzw. Konsultativgremien zwischen den Blöcken geschaffen werden sollen.