Die Gurke des Tages

■ Franz Hasenfuß

DIE

FRANZ HASENFUSS

Für mich persönlich hat die Weltmeisterschaft keine Bedeutung“. Der schönste Satz dieser WM, ausgesprochen von einem Mann, der nach jedem Spiel der deutschen Mannschaft aussieht, als käme er frisch von der Intensivstation: Franz Beckenbauer. Ob seine Mannschaft 4:1 gegen Jugoslawien oder 5:1 gegen die Emirate führt, Beckenbauer starrt manisch aufs Geviert oder zetert verkrampft, ängstlich und bleich vom Spielfeldrand, locker wie ein Schreibtisch, die Äderchen bedrohlich geschwollen. Beim dritten Tor gegen die Jugos ist es aus ihm herausgeplatzt, für Sekunden hat er deliriert und sich im ekstatischen Torjubel aufgelöst. Hier zeigte sich vor allem eines: Besessenheit. Für ihn gibt es nur ein Ding, das Bedeutung hat: die Fußball-Weltmeisterschaft.

Gegen die Niederlande hat die nackte Angst die Mannschaft aufgestellt. Sechs Defensiv-Recken sollten hinten zumachen, das Mittelfeld wurde von vornherein geopfert. Mittelalterliche Trutzburg-Mentalität, Kleinmut, Sicherheitsfanatismus. An eine Entfaltung des Spiels der westdeutschen Mannschaft war nicht mehr zu denken. Die Mannschaft hat trotz Beckenbauer gewonnen. Das zeigt erst wie gut sie wirklich ist. Sie kann auch im Viertelfinale gegen die Tschechen gewinnen. Nur: Die spielen mit Skuhravy, dem Kopfball-König dieser WM. Taktisch zu Ende gedacht, müßte Beckenbauer dann mit zwei Torhütern spielen, was einen gewissen Unterhaltungswert hätte, oder mit Paul Steiner die Hühnen-Combo komplettieren.

Das Schlimme ist nur, daß nach dem dramatischen 2:1 Sieg gegen die Niederlande jetzt jeder glaubt, Beckenbauers Mauer -Taktik sei auch noch erfolgreich gewesen. Nur einer kann den Siegeszug der besten westdeutschen Mannschaft seit 1974 noch stoppen: der Kaiser.

Manfredo