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Gezerre um DDR-Energiemarkt

■ Westkonzerne und der DDR-Umweltminister werben weiter für die Übernahme der DDR-Energieversorgung / Öko-Institute warnen DDR-Gemeinden vor vorschnellen Abschlüssen

Berlin (dpa/taz) - Der Streit um die geplante Übernahme der DDR-Stromwirtschaft durch die bundesdeutschen Konzerne Bayernwerke, Preussen Elektra und Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerke hält an. Preussen Elektra-Chef Hermann Krämer bekräftigte erneut die Absicht der Westkonzerne, über zweistellige Milliardeninvestitionen und Kapitalerhöhungen schließlich die Mehrheit an der DDR-Stromwirtschaft zu erwerben. Bis Ende 1991 sollen die DDR-Unternehmen bewertet werden und dann in eine neue Gesellschaft eingehen. Den BRD -Konzernen sollen nach diesem Modell alle Investitionen als Beteiligungen angerechnet werden. Die Mehrheit wird, falls nötig, über zusätzliche Kapitalzufuhr gesichert. DDR -Umweltminister Steinberg bestätigte gestern diese Sicht der Dinge und bemühte sich gleichzeitig um eine Entdramatisierung der Diskussion. Es gehe nicht um einen Verkauf der Energiewirtschaft, sondern ausschließlich um deren „Rekonstruktion und Neuorganisation“ im Interesse der Versorgungssicherheit. Die Verhandlungen zwischen den Westkonzernen und 15 Kombinaten werden laut Steinberg fortgesetzt.

Vehement gegen die Übernahmepläne der DDR-Energieversorgung durch die drei Westkonzerne wandten sich zur gleichen Zeit in Bonn das Freiburger Öko-Institut und das Ostberliner Unabhängige Institut für Umweltfragen (UFU). Die Mangelwirtschaft der DDR dürfe nicht durch das strukturell gleichermaßen ineffiziente Energiesystem der BRD abgelöst werden. In Briefen an 500 DDR-Bürgermeister warnten die Umweltinstitute vor vorschnellen Geschäften mit westdeutschen Energieversorgungsunternehmen. Statt dessen empfehlen die Umweltinstitute den Städten und Gemeinden, eigene Stadtwerke zu gründen und auf dieser Grundlage eine konsequente Politik des Energiesparens einzuleiten. DDR-weit könne die Leistung des Kraftwerkparks in den nächsten zehn Jahren von 24.000 auf 16.000 Megawatt abgesenkt werden. Kritisch zu den Plänen der drei westdeutschen Stromriesen äußerte sich auch erneut der Sprecher des Bundeskartellamts, Hubertus Schön. Es sei in jedem Fall schädlich, andere Stromversorger auszusperren. Schön kündigte die Einleitung von Fusionskontrollverfahren gegen die drei Stromkonzerne an.

Unterdessen setzt auch eine andere alte Bekannte auf das Ostgeschäft: Die Hanauer Atomfirma und Siemens-Tochter Nukem meldete gestern die Unterzeichnung eines Kooperationsabkommens mit dem Kombinat Kraftanlagenbau. Gemeinsam soll die endlagergerechte Konditionierung von Atommüll angegangen werden.

gero

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