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Leidenschaftslos

■ Bahnchef Gohlke soll Treuhand-Präsident werden

Berlin (taz) - Während die Verwaltungsratsmitglieder der DDR -Treuhandanstalt im Nebenjob die Sanierung der DDR -Wirtschaft erledigen wollen, erfordert die eigentliche Tagesarbeit, die im Präsidium anfällt, hauptamtliches Engagement. Ins Gespräch geraten ist für den Chefsessel der derzeitige Vorstandsvorsitzende der Bundesbahn, Reiner Gohlke - das glaubt zumindest die Nachrichtenagentur 'dpa‘ unter Berufung auf „zuverlässige Informationen“.

Ein recht braver Sanierungsleiter wäre damit ausgesucht. Gohlke (56) müht sich seit acht Jahren darum, die hochverschuldete Bahn zu sanieren, hat auch den einen oder anderen Erfolg zu verzeichnen. Aber die wesentliche Entscheidung, was an der Bahn nun der Gesellschaft verpflichtet und was betriebswirtschaftlich durchgeforstet werden solle, hat er immer der Politik überlassen. Gohlke, hat es den Anschein, ist ein Mann, der auf Vorgaben von oben wartet. Obwohl in den achtziger Jahren der Umweltschutz in aller Munde geriet, ist er nie offensiv an die Öffentlichkeit oder in die Politik gegangen und hat „sein“ Unternehmen als das Verkehrssystem der Zukunft präsentiert.

Sicherlich hat er am Erscheinungsbild der Bahn einiges geändert, aber das riesige verkehrs- und gesellschaftspolitische Potential der Unterstützung für den Schienenverkehr hat er nie recht zu präsentieren gewußt.

Gohlke ist ein Abwickler, der nach Pflichtenheft vorgeht und durchaus Rationalisierungen, ein verbessertes Marketing und Verwaltungsvereinfachungen durchsetzte. Aber das alles ist von einer seltsamen Leidenschafts- und zuweilen gar Lieblosigkeit geprägt. Gohlke ist für die viel klüger operierende Pkw- und Lkw-Lobby ein bequemer Chef der Konkurrenz.

Bei der Bundesbahn läuft sein Vertrag noch bis 1992. Offizielle Gespräche mit ihm über einen Wechsel zur Treuhandanstalt haben noch nicht stattgefunden.

Dietmar Bartz

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