Bayerns SPD will Volksentscheid abbügeln

■ Sozialdemokraten suchen nach dem erfolgreichen Volksbegehren einen neuen „Müllkompromiß“ / Bei der CSU gibt es dazu keine Bereitschaft / Bürgerinitiativen gegen nochmalige „Wortklaubereien“ / Ein Termin für Volksentscheid steht nicht fest

Von Luitgard Koch

München (taz) - Noch sind nicht alle Stimmen für das erfolgreiche bayerische Volksbegehren in Sachen „Müll“ ausgezählt. Erst Mitte Juli wird das Statistische Landesamt endgültig bekanntgeben, wieviele Wähler in Bayern das Müllgesetz der bayernweiten Bürgerinitiative „Das bessere Müllkonzept“ über die bisher gemeldeten 12,5 Prozent hinaus unterstützt haben. Während sich die CSU - wie meist gemütlich in ihren Regierungssesseln zurücklehnt, treibt es die bayerischen Sozis in Sachen „Müll“ um. Gegen den Willen ihrer Parteibasis hat die SPD-Landtagsfraktion zusammen mit der CSU schnell ein neues Müllgesetz gebastelt, um dadurch eventuell das Volksbegehren zu verhindern. Nachdem dies nicht gelang und das „Müllvolk“ nun auch noch erfolgreich war, versucht die SPD diese Scharte, vor allem auch in Hinblick auf die Landtagswahlen im Herbst, wieder auszuwetzen. Das „beste Müllkonzept für Bayern“ soll jetzt nach dem Willen der Sozis erarbeitet werden. Dazu sollen sich noch einmal alle Fraktionen mit den BI an einen Tisch setzen. Das forderte das SPD-Präsidium.

„Dazu sind wir nur dann bereit, wenn auf der Basis des Gesetzentwurfs der BI diskutiert wird“, erklärte der grüne Landtagsabgeordnete Hartmut Bäumer, dessen Fraktion von vornherein das Müll-Volksbegehren unterstützte. Aber auch in BI-Kreisen ist die Begeisterung dafür, sich noch einmal mit den Parlamentariern an einen Tisch zu setzen, nicht gerade groß. „Wenn wir eingeladen werden, müßte erst die Delegiertenversammlung Ende Juli entscheiden“, erklärt Erika Barwig aus dem Vorstand der Bürgeraktion. Außerdem will die BI dann auch konkrete Angebote sehen. Auf die bisherigen „Wortklaubereien“ will sich keiner der engagierten Müllkämpfer mehr einlassen. „Dann ist es schad‘ um jede Minute“, stellt Erika Barwig fest. Das Vertrauen in die SPD ist außerdem nicht besonders groß. „Die merken jetzt, daß sie aufs falsche Pferd gesetzt hab'n“, kommentiert die Vorstandssprecherin das SPD-Angebot.

Ausschlaggebend bei dem Tauziehen in Sachen „Müllpolitik“ ist jedoch die CSU-Position. „Die Frage ist, wozu die CSU bereit ist“, weiß man auch in den Reihen der SPD. CSU -Fraktionssprecher Alois Glück hat bereits signalisiert, daß es mit der CSU allerhöchstens formale Änderungen am Gesetz geben wird. Forderungen nach mehr Bürgerbeteiligung oder Rekommunalisierung der Abfallentsorgung, wie sie die BI in ihrem Gesetzentwurf festschreibt, sind mit der CSU nicht zu bekommen. Die Chancen für einen „Runden Tisch“ stehen demnach nicht besonders gut.

Auszugehen ist davon, daß das Volksbegehren seinen regulären Weg geht und es zum Volksentscheid kommt. Der Volksentscheid würde sich nur dann erübrigen, wenn die Regierung den Gesetzentwurf der BI annehmen und zum neuen Müllgesetz machen würde. Anzunehmen ist daher, daß der Landtag, sprich in erster Linie die CSU, ihren Gesetzentwurf dem der BI entgegenstellt und die Wahlberechtigten dann mit einfacher Mehrheit entscheiden, welcher Entwurf tatsächlich Gesetz wird. „Auf den Termin haben wir leider gar keinen Einfluß“, bedauert Brigitte Parzich, ebenfalls im BI -Vorstand.

Rein theoretisch wäre es möglich, den Volksentscheid am selben Tag durchzuführen wie die bayerischen Landtagswahlen Mitte Oktober. Am vehementesten wehrt sich die CSU dagegen. „Damit wäre das Thema absolutes Wahlkampfthema, und das fürchten sie wie die Pest“, glaubt Erika Barwig. Aber auch innerhalb der BI gibt es Stimmen, die diesen Termin als ungünstig ablehnen. Ungünstig vor allem deshalb, weil CSU -Wähler, die sich ansonsten nicht unbedingt allein wegen eines Volksentscheids eintragen, sich hier in einem Aufwasch kreuzbrav für die CSU-Linie entscheiden würden.

Alles deutet also daraufhin, daß erst Anfang nächsten Jahres entschieden werden soll. Allein die gesetzlichen Zeitvorgaben ermöglichen ein solches Hinauszögern. Nach der Bekanntgabe der endgültigen Zahlen am 13.Juli hat die bayerische Staatsregierung vier Wochen Zeit, um eine Stellungnahme abzugeben. Bis dahin ist das bayerische Parlament in der Sommerpause. Doch auch danach ist keine Hektik angesagt. Drei Monate lang darf der Landtag nach der Stellungnahme der Regierung über dem Volksbegehren brüten. Erst dann, also spätestens Anfang November, muß Klartext geredet werden. Bis zum eigentlichen Volksentscheid dürfen aber auch dann nochmals drei Monate verstreichen.