Atom spaltet 'Natur‘

■ Robert Jungk steigt beim Münchner Umweltmagazin aus

Berlin (taz) - Krach bei der 'Natur‘: Der angesehene Autor Robert Jungk hat seine Mitarbeit beim Münchner Umweltmagazin aufgekündigt. Der Grund liegt in einer Anzeigenserie der Atomindustrie, die auch in dem kritischen Öko-Blatt großformatig für ihre Atomspalterei wirbt: „Wir denken an morgen und nicht an den Ausstieg“.

Robert Jungk hatte seit September 1987 für die 'Natur‘ geschrieben, zuletzt alle zwei Monate als Kolumnist. Mit den Anzeigen der Atomindustrie sei für ihn „eine Grenze überschritten“ worden, sagte Jungk gestern der taz. „Ich kann unter solchen Bedingungen nicht länger mitarbeiten, ohne selbst unglaubwürdig zu werden.“ Dem Verlag und Teilen der Redaktion wirft Jungk vor, sie seien dem Irrtum aufgesessen, daß solche Annoncen keine Wirkung hätten. Sie würden aber aufgrund ihrer Plakativität oft deutlicher wahrgenommen als viele redaktionelle Beiträge. Auch die Chemieindustrie habe das Umweltmagazin wiederholt „mit Anzeigen durchsetzt“.

In der Redaktion des Blattes wird Jungks Position nur von einer Minderheit geteilt. Chefredakteur Dirk Maxeiner bedauerte Jungks Entscheidung. Die Redaktion könne sich jedoch nicht zum Anzeigen-Schiedsrichter aufspielen. Neben der Werbung der Atomindustrie müßten dann auch Annoncen der Chemie- und Autoindustrie und anderes mehr zensiert werden „wo wollen Sie da die Grenze ziehen?“ Mit ihren Anzeigen bezahle die Atomindustrie die redaktionelle Arbeit von 'Natur‘, die allein im vergangenen Jahr in zehn Beiträgen Material für den Ausstieg aus der Atomenergie geliefert habe.

In einer Erklärung haben sich sieben von zehn 'Natur' -Redakteuren gegen eine redaktionelle Auswahl von Anzeigen und für die Beibehaltung einer strikten Trennung von Anzeigenabteilung und Redaktion ausgesprochen: 'Natur'-Leser seien „kritische Menschen, die die Zweifelhaftigkeit vieler Werbebotschaften deutlich erkennen“.

Im neuen Heft will 'Natur‘, das inzwischen eine Auflage von knapp 200.000 Exemplaren erreicht hat, den hausinternen Konflikt zur Diskussion stellen.

Manfred Kriener