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Zum 10. Geburtstag eine Stelle

■ Schuldnerberatung für Straffällige als Pilotprojekt erfolgreich

Sie haben „Pionierarbeit geleistet“, gratulierte Justizsenator Volker Kröning, und Rudolf Monnerjahn, Sprecher der Deputation für Justiz und Verfassung, fand, daß sie ein wichtiges Loch in der Gesetzgebung für einen kleinen Kreis gestopft hätten. Zum zehnten Geburtstag wurden die drei Mitarbeiter der Schuldnerberatung und Schuldenregulierung bei der Bremischen Straffälligen -Betreuung mit Lob überschüttet. Und auch die Sozialbehörde lobte: Die Schuldnerberatung der Straffäligenhilfe habe sich bewährt und ist für andere Verbände Vorbild geworden.

Die SchuldnerberaterInnen regulieren pro Jahr zirka 200 Fälle hoffnungslos überschuldeter Strafgefangener. Die Betroffenen sind mit durchschnittlich 30.000 Mark bei sieben bis zehn Gläubigern in der Kreide, mögliche Abtragungsraten aus Arbeitslosenhilfe oder Löhnen können bei solchen Summen nicht einmal die Zinsen tilgen. Peter A. (45), der 1985 zur Beratung kam, erzählte vor den versammelten Gratulanten, wie eine Regulierung im Einzelfall funktioniert:

A. steckte mit 90.000 Mark bei 20 Gläubigern über beide Ohren in Schulden. Der übliche Kreislauf aus Drogenbeschaffung und Knast hatte seine überzogenen Konten während der Haftzeit anschwellen lassen. Beraterin Bettina Knauthe, gelernte Bankkauff

rau, nahm Verhandlungen mit den Gläubigern auf. Drei Jahre dauerte es, bis sie für einen Vergleich alle unter einem Hut hatte, dann handelte sie die 90.000 Mark auf 10.000 Mark herunter (durchschnittlich liegt die Vergleichsquote bei 20 Prozent).

Die 10.000 Mark nimmt A. jetzt mit einer Bürgschaft der Straffäligenhilfe auf. Für solche Bürgschaften stehen der Beratungsstelle knapp 200.000 Mark zur Verfügung, die übrige erst einmal seit Bestehen eingesetzt werden mußte. Mit dem verbürgen Kredit zahlt A. jetzt seine Gläubiger laut Vergleich aus, den Bankkredit trägt er in bezahlbaren Raten ab. Die Gläubiger haben mit dem Vergleich auf wei

tere Ansprüche verzichtet, und A. wird in Kürze aus allen schwarzen Schufa-Listen gelöscht.

Für die erfolgreiche Schuldenberatung überreichte Senator Kröning dem Verein eine zweite, feste 30-Stunden-Stelle, die nach Ablauf einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme greifen soll. „Ein Tropfen auf den heißen Stein“, wie die Mitarbeiterinnen glücklich, aber auch skeptisch feststellen, denn allein in ihrem Bereich reicht die Beratungskapazität für den steigenden Bedarf nicht mehr aus. Eine systematische Schuldenberatung müßte dann auch noch wesentlich mehr Zielgruppen durch ein Netz dezentraler Beratungsstellen abdecken. ma

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