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Der Trick mit dem Aluchip

■ Bei einem neuen, nervenkitzelnden Spiel in Ost-Berlin geht es darum, auf raffinierte Weise die alten Aluchips in das harte Klimpergeld des Westens umzumünzen

Ost-Berlin. Außer den Schlangen in der Kaufhalle bleibt den Ostberlinern, zumindest für eine Weile, noch eine andere Vertrautheit erhalten: der kleine Ärger an der Kasse. Seit dem legendären 1. Juli hat sich ein neues nervenkitzelndes Spielchen zwischen Kunden und Verkäufern entwickelt. Nehmen wir einen Preis von 6,60 DM. Kunde/in wühlt im Portemonnaie, zahlt mit großem Schein, legt sechs Alugroschen drauf. Er/sie erwartet mit einiger Sicherheit, zweimal zwei DM oder wenigstens viermal eine DM zu bekommen. Der Trick mißglückt. Verkäufer/in greift in den Geldkasten und zieht - acht Alufuffziger.

Während die öffentlichen Telefone schon auf harte Zehn -Pfennig-Stücke eingerichtet sind, muß der/die Drahtsuchende in allen Geschäften um möglichst guten Wechsel bitten und betteln. Mitunter geschieht es, daß die bescheidene Frage (gelernt ist gelernt) nach dem eventuell vorhandenen Groschenvorrat die Laden-HüterInnen erleichtert aufjuchzen läßt. Aber dann - „Wir haben nur DDR-Groschen, leider. Eben gerade haben 26 Käufer hintereinander Alu-Kleingeld gebracht, versuchen Sie's doch mal...“

Eine Ausnahme gibt's dennoch - die KellnerInnen in den Gaststätten und Restaurants klagen bitterlich über die neuerdings schwer wiegende Last in der Servierschürze. Es können ja nicht alle gleichviel Spaß an dem neuen Münzenroulette haben. Eine raffinierte Wendung brachte nun das Finanzministerium ins Spiel. „Bis auf Widerruf“ gelten die Leichtmetallchips von einem bis zu fünfzig Pfennigen, was die Spannung auf Seiten der Tausch-Bemühten immens steigert. Und sie müssen von den Banken umgerubbelt werden. Da kann die Schar der taz-HandverkäuferInnen, die in den letzten Tagen mit ihren Münzenrollen von mehreren Sparkassen schnöde zurückgewiesen wurden, noch einmal erleichtert aufatmen.

su

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