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Die Weichen sind gestellt

■ Mit der Wahl Iwaschkos zu Gorbatschows Stellvertreter sind die Konservativen erst einmal auf ihre Plätze verwiesen worden / Iwaschko gilt als moderater Reformer und Vertrauter Gorbatschows

Aus Moskau K. H. Donath

Von Anfang an war der Ukrainer Wladimir Antonowitsch Iwaschko Wunschkandidat Gorbatschows für den neugeschaffenen Posten des stellvertretenden Generalsekretärs der KPdSU. Als rechte Hand des Parteichefs wird er zukünftig exekutive Aufgaben wahrnehmen und sich vornehmlich mit den Kaderfragen der Partei beschäftigen.

Seine Wahl schien nach außen im letzten Moment noch zu einer Zitterpartie zu werden. Die Emotionen schlugen hoch, als auch der konservative Widersacher Gorbatschows, Jegor Ligatschow, zu einem erneuten Versuch startete, stellvertretender Generalsekretär zu werden. Ligatschow empfahl sich dem Plenum als Kandidat der „Marxisten -Leninisten“. Gorbatschow, aufgescheucht durch diesen Frontalangriff, spielte wieder einmal mit dem Parteireglement. Es gab eine knappe Mehrheit gegen Ligatschow - und er wurde von der Kandidatenliste eliminiert. Damit aber nicht genug. Widerspruch aus dem Plenum erhob sich, da diese Regel für Parteitage keine Gültigkeit besäße. Und Ligatschow war wieder im Rennen. Das hat ihm jedoch nichts mehr genützt. Mit 776 Stimmen landete er weit abgeschlagen hinter Iwaschko, der 3109 Stimmen auf sich vereinigen konnte.

Der Wahlsieg Iwaschkos lag unter anderem daran, daß schon im voraus Konservative Gorbatschow öffentlich das Recht eingeräumt hatten, über seinen Stellvertreter ein Wort mitreden zu dürfen. Bei dem Rest der Unbotmäßigen haben dann im Eilverfahren die Sekretäre noch gute Arbeit geleistet. Wirkungsvoll, wie das Abstimmungsergebnis des Parteitages zeigt. Auf dem Parteitag sitzen Befehlsempfänger, die sich an kein anderes Organisationsprinzip als den Demokratischen Zentralismus gewöhnen wollen. Disziplin ist Disziplin!

Für Ligatschow hat die Schlappe Konsequenzen. Denn nun wird er wohl auch seiner Sitze im erweiterten Politbüro und Zentralkomitee verlustig gehen. Doch trotzig antwortete er nach der Niederlage: „Ich habe keine Absichten, mich aus der Politik zurückzuziehen. Die wichtigste Arbeit steht erst nach dem Kongreß an“.

Der Gewinner des Rennens, Wladimir Iwaschko, hatte sich bei den Delegierten als ein „überzeugter Unterstützer der Perestroika, die zwanzig Jahre zu spät kommt“, eingeführt. Er gilt allerdings nur als ein moderater Befürworter der Reformen. Insofern kann er sich auch auf Sympathien der Konservativen stützen. Ende Mai wurde Iwaschenko zum Vorsitzenden des Obersten Sowjets der Ukraine gewählt. Von Seiten des oppositionellen „Demokratischen Blocks“ der zweitgrößten Republik der UdSSR gab es erhebliche Proteste gegen seine Kandidatur. Denn Iwaschko zeigte sich nicht bereit, das Amt des Ersten Sekretärs des ZK der KP der Ukraine niederzulegen, wie es die Opposition gefordert hatte. Trotzdem wurde er mit drei Vierteln der Stimmen zum Präsidenten gewählt. Von diesem Amt hat er sich noch am Vorabend seiner Wahl zum stellvertretenden Generalsekretär verabschiedet. Als Anlaß hierfür nannte er die Querelen im Ukrainischen Parlament. Der 58jährige Doktor der Ökonomie begründete seinen Rücktritt mit den Versuchen, in der Ukraine den höchsten staatlichen Vertreter „zu manipulieren“. Auf die besorgte Nachfrage der Deputierten, ob sein Rücktritt in der Ukraine nicht der Opposition einen Auftrieb verschaffe, meinte Iwaschenko: Er sei sicher, daß auch sein Nachfolger aus den Reihen der Kommunisten kommen werde. Während des Afghanistankrieges hatte Iwaschko als politischer Berater der moskautreuen Regierung in Kabul gewirkt.

Iwaschkos ideologisches Weltbild läßt sich nicht klar umreißen. Auch die Einschätzungen der Opposition weichen weit voneinander ab. Teile der ukrainischen Unabhängigkeitsbewegung „Ruch“ schätzen ihn wegen seiner „offenen Dialogbereitschaft“. Andere werfen ihm vor, die Akteure der breiten Oppositionsbewegung lange Zeit zu Extremisten gestempelt zu haben. Im Vergleich zu seinem Vorgänger auf dem Posten des ukrainischen Parteichefs, Wladimir Schtscherbitzky, galt er aber immer schon als ein Parteigänger Gorbatschows.

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