Neonazi-Patrouille verletzte Frauen schwer

Göttingen (taz) - In Mackenrode bei Göttingen haben Neo -Nazis am Samstag nachmittag eine Gruppe von Frauen mit Leuchtspurmunition und einem Beil angegriffen und zwei von ihnen verletzt. Der Landesvorsitzende und Multi-Funktionär der rechtsradikalen Freiheitlich-Deutschen Arbeiterpartei (FAP), Karl Polacek, war daran maßgeblich beteiligt. Polacek wurde inzwischen festgenommen.

In einem letzte Woche bekanntgewordenen, offensichtlich jedoch gefälschten Schreiben hatte die FAP ihre Mitglieder für das Wochenende zu einem „Gau-Treffen“ in den Raum Göttingen eingeladen. Von verschiedenen antifaschistischen Initiativen war daraufhin zu einer Verhinderung des Neo-Nazi -Treffens aufgerufen worden.

Nach Darstellung von Augenzeugen patrouillierten die Rechtsextremisten mit einem Auto durch das Dorf, um nach möglichen Gegendemonstranten Ausschau zu halten. Polacek und ein weiteres FAP-Mitglied, der Skinhead Oliver Simon, beschimpften die Frauen, die auf einer Bank saßen, aus dem Fahrzeug heraus als „Huren“ und „Rote Brut“. Bei dem anschließenden Wortwechsel verließen die Rechtsextremisten ihren Wagen. Simon schoß mit Signalmunition, Polacek ging mit einem Beil gegen die Gruppe vor. Eine der flüchtenden Frauen wurde von der Schneide am Kopf getroffen. Die Wunde mußte im Krankenhaus genäht werden.

Am späteren Nachmittag versammelten sich dann etwa 300 Personen, unter ihnen viele ältere Menschen, zu einer friedlichen Demonstration. Eine Polizeikette stoppte den Zug auf dem Weg zu Polaceks Haus. Ohne Vorwarnung oder entsprechende Aufforderung zum Stehenbleiben schleuderten die Polizisten Tränengasgranaten in die Menge. Viele Demonstranten flohen in Hauseingänge, wo sie von Anwohnern mit Wasser und feuchten Handtüchern versorgt wurden. Einige Granaten flogen in Richtung Polizei zurück. „Es war vollkommen beängstigend“, sagte eine ältere Frau, die an der Domonstration teilgenommen hattte: „Die ganze Straße war in Nebel gehüllt. Die Gewalt ging einzig und allein von der Polizei aus.“ Nach einem weiteren Einsatz mit Tränengas löste sich die Demonstration auf, die TeilnehmerInnen kehrten nach Göttingen zurück. Wahrheitswidrig sprach die Polizeiführung später von „einem Steinhagel“, gegen den sich die Beamten hätten wehren müssen .

Reimar Paul