Noch 24 Stunden: Sturm auf „The Wall“

■ Polizei, Rettungsdienste und Feuerwehr bereiten sich auf den Ansturm der erwarteten 200.000 vor / Gelände für Autos weiträumig abgesperrt

Mitte/Tiergarten. Nur noch einen Tag, dann startet eines der größten Massenspektakel Berlins in der Nachkriegszeit: The Wall, die Inszenierung des ehemaligen Pink-Floyd-Chefs Roger Waters. Ebenso großdimensioniert wie das Konzert werden morgen die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Veranstaltungsgelände am Potsdamer Platz sein: 300 SanitäterInnen aus Ost und West, 60 Feuerwehrleute, sechs Notstationen für ohnmächtig Umgefallene und eine Befehlszentrale direkt hinter der Bühne - genug, daß die erwarteten 200.000 ZuschauerInnen inner- und außerhalb des Festivalgeländes den symbolischen Mauerabriß samt der dazugehörigen Klangkulisse zelebrieren können?

Das Gebiet um den Potsdamer Platz wird morgen abend weitläufig abgesperrt sein - die Anreise mit dem PKW kann Volkspolizeisprecher Gallas „nicht empfehlen“. Das ist noch sehr dezent ausgedrückt. Aus den Erfahrungen mit dem Japanischen Feuerwerk im Jahre 1987 und der Andre-Heller -Aufführung vor wenigen Jahren an benachbarter Stelle weiß man in West-Berlin, „daß nur Idioten mit dem eigenen Auto durchzukommen versuchen“, wie das ein Beteiligter ausdrückt. 1.500 Volkpolizisten werden auf Ostberliner Seite für die Absperrungen sorgen, 400 Beamte wollen den Verkehrsfluß im Westen stoppen. Verkehrswidrig abgestellte Fahrzeuge werden „rigoros“ umgesetzt, kündigte man schon gestern an. Zwischen der Straße des 17. Juni, der Entlastungsstraße und dem Martin-Gropius-Bau werden nur noch Krankenwagen verkehren dürfen.

Daß die Absperrungen aber auch sichern, daß Fans ohne Karte draußen bleiben, glaubt kaum einer der Verantwortlichen. Nach den Informationen der Westberliner Feuerwehrsprechers Norbert Kleinfeld will der Veranstalter nur 200.000 der 250.000 möglichen Plätze belegen. Dadurch soll noch genügend „Spielraum“ bleiben, falls ein paar tausend Fans vor den Absperrungen drängeln sollten und von den Ordnungskräften nicht mehr aufgehalten werden könnten: In diesem Fall sollen sie auch ohne Karte eingelassen werden. Peter Schmitz, Sprecher der Veranstalter, will das zumindest offiziell „nicht bestätigen“. Es sei aber zumindest kein Einsatz von Wasserwerfern oder Gummmiknüppeln geplant. Das Konzert ist seit gestern ausverkauft - allerdings „aus Sicherheitsgründen“, so Schmitz, nur mit 150.000 Karten.

Die Feuerwehren beider Stadthälften haben sich auf den Extremfall vorbereitet: Falls das Feuerwerk, das während des Konzertes gezündet werden soll, außer Kontrolle gerät, können „von allen Himmelsrichtungen“ Löschzüge eingreifen, erklärt Feuerwehrsprecher Kleinfeld. Zudem steht an der Bühne ein Löschfahrzeug bereit. Und: Rund um den Potsdamer Platz sind auf Westberliner Seite alle Feuerwehrwachen um zwei Löschzüge aufgerüstet worden. Die Einsätze der Feuerwehren Ost und West, der Sanitäter und der Polizisten werden gemeinsam von der jeweils paritätisch mit Ost- und Westvertretern besetzten Befehlszentrale direkt hinter der Bühne koordiniert.

In den sechs Notstationen - am Rande des Spektakels gelegen, damit auch Krankenfahrzeuge bis zu den Stationen gelangen können, stehen jeweils 20 Betten, Erste-Hilfe -Utensilien und Notärzte bereit. Für die übermäßig Erhitzten wird es dort heißen und kalten Tee geben - „aber nicht für jeden“, so die Leiterin für Großeinsätze beim West-DRK, Renate Becker. Eine eigene Ärztetruppe ist für den Notfall zum Beispiel eine Panik unter den Besuchermassen - im Esplanade stationiert. Aber an einen ernsteren Zwischenfall will keiner denken: „Ich hoffe, daß wir wenig in Aktion treten müssen“, sagt die DRK-Einsatzleiterin. Und Kleinfeld geht sogar davon aus, daß Berlin aufgrund seiner Ausstattung „besser als jede andere Stadt“ für ein solches Massenereignis gerüstet sei.

Rochus Görgen