piwik no script img

Früherer DDR-Gewerkschaftschef Harry Tisch erneut in Haft

Berlin (adn/taz) - Der frühere FDGB-Chef Harry Tisch ist am späten Freitag nachmittag verhaftet worden. Dies hat der Sprecher der DDR-Generalstaatsanwaltschaft, Peter Przybylski, der Nachrichtenagentur 'adn‘ mitgeteilt. Der Haftbefehl war am Freitag vom Stadtgericht Berlin erlassen worden. Tisch werde Untreue zum Nachteil gesellschaftlichen Eigentums gemäß Paragraph 161a und Paragraph 162 vorgeworfen. Der heute 63jährige war nach einer Parteikarriere 1975 Chef des Gewerkschaftsbundes geworden und gleichzeitig in das höchste Machtorgan, das Politbüro, aufgestiegen.

Wenige Stunden vor der Verhaftung Tischs, der im vergangenen November zurücktreten mußte, hatte der amtierende Generalstaatsanwalt der DDR, Günter Seidel, für nächste Woche eine Entscheidung über den Fortgang der Verfahren gegen frühere DDR-Spitzenpolitiker angekündigt. Nach Mitteilung seines Sprechers Peter Przybylski sind die Expertengutachten über beschuldigte beziehungsweise bereits angeklagte Mitglieder der ehemaligen Partei- und Staatsführung ausgewertet. Die Stellungnahmen seien „sehr differenziert“.

Als Betroffene habe ein weiterer Sprecher des Generalstaatsanwaltes, Dieter Plath, neben Tisch die früheren Spitzenpolitiker Erich Honecker, Erich Mielke, Günter Mittag, Willi Stoph, Hermann Axen, Werner Krolikowski und Gerald Götting genannt. Gegen Krolikowski war bereits am 22. Mai 1990 Anklage erhoben worden. Den einst mächtigsten Männern des Landes wurde ursprünglich Amtsmißbrauch, Korruption, persönliche Bereicherung, Untreue und verfassungsfeindlicher Zusammenschluß vorgeworfen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen