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Ex-Stasichef Mielke verhaftet

■ Wegen RAF und Internierungslagern erneut festgenommen / Honecker weiter haftunfähig

Berlin (adn/ap) - Der frühere Staatssicherheitsminister der DDR, Erich Mielke, ist am Donnerstag verhaftet worden. Der 82jährige steht nach Angaben der DDR -Generalstaatsanwaltschaft unter dem Verdacht, RAF -Angehörigen Unterschlupf verschafft sowie Internierungslager für Regimekritiker geplant zu haben. Mit Mielke, dem vorige Woche verhafteten früheren Gewerkschaftsvorsitzenden Harry Tisch und dem SED -Wirtschaftsexperten Günter Mittag sind wieder drei Mitglieder der gestürzten Führungsriege im Untersuchungsgefängnis. Der ehemalige Staatschef Erich Honecker ist aus Gesundheitsgründen weiterhin haftunfähig.

Dem früheren Stasi-Chef dagegen bescheinigten Ärzte, die die ehemaligen Top-Funktionäre untersuchten, Haftfähigkeit. Er sei trotz seines angegriffenen Gesundheitszustands in der Lage, eine Vernehmung durchzustehen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Przybylski. Mielke und andere frühere Spitzenpolitiker waren bereits zu Jahresanfang vorübergehend inhaftiert worden. Bis auf Mittag, dem schwere Schädigung des Volkseigentums vorgeworfen wird, kamen alle wieder frei.

Gegen Mielke wird seit Dezember unter anderem wegen Korruption und Amtsmißbrauch ermittelt. Vor zwei Wochen erweiterte der amtierende Generalstaatsanwalt Günter Seidel das Verfahren auf den Verdacht der Begünstigung von Angehörigen der Rote-Armee-Fraktion.

Der damalige Stasi-Chef soll es RAF-Mitgliedern ermöglicht haben, in der DDR unter falschem Namen unterzutauchen und so der Strafverfolgung in der Bundesrepublik zu entgehen.

Inzwischen kam zu den Vorwürfen nach Angaben des Sprechers der Staatsanwaltschaft, Przybylskis noch die Planung von Internierungslagern hinzu, in denen im „politischen Spannungsfall“ politisch mißliebige Personen festgesetzt werden sollten. Angesichts dessen bleibe „keine andere Wahl“ als die Verhaftung, erklärte Seidel der Nachrichtenagentur 'adn‘. Er ließ allerdings durchblicken, daß medizinische und juristische Schwierigkeiten auch in anderen Fällen letzten Endes einer Verurteilung im Wege stehen könnten.

Die Strafprozeßordnung gebiete es, die Ermittlungen gegen ehemalige hohe Funktionäre zu Ende zu führen, selbst „wenn der Gerichtsprozeß in einem oder anderen Fall ins Wasser fallen sollte“, sagte der amtierende Generalstaatsanwalt.

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