40 DDR-Abgeordnete in Stasi-Kartei

■ DDR-CDU sandte 24 Angeordneten Einladungen zu einem Gespräch über Stasi-Kontakte / 7 Volkskammerabgeordnete sollen Stasi-Mitarbeiter gewesen sein

Berlin (dpa/taz) - 24 CDU-Volkskammerabgeordnete sollen auf Karteikarten der Stasi als Informanten geführt sein. Wie 'Der Morgen‘ am Samstag berichtete, haben diese Mitglieder der ehemaligen Blockpartei ein Schreiben von Fraktionschef Günther Krause erhalten. Krause dementierte, er habe sie aufgefordert, im zukünftigen gesamtdeutschen Parlament kein wichtiges politisches Mandat zu übernehmen. Es sei nur eine Einladung zu einem Gespräch verteilt worden.

Hintergrund der Briefaktion ist die von der Volkskammer beschlossene Überprüfung aller Parlametarier auf frühere Stasi-Kontakte. Nach einer Vorprüfung des Innenministeriums sollen insgesamt 40 Volksvertreter der DDR-Volkskammer in der Stasi-Kartei als Informanten geführt werden. Darunter können Personen sein, die irgendwann einmal zur Stasi zum Verhör geladen wurden und nicht freiwillig als „Mitarbeiter“ aktiv wurden oder Informationen gaben. Der Sonderausschuß zur Auflösung der Staatssicherheit hatte beschlossen, nach drei Kriterien zu arbeiten: Überprüft werden sollte, wer im Verdacht steht, Geld genommen, eine Vereinbarung unterschrieben und anderen Bürgern geschadet zu haben.

33 Akten, die in der Stasi-Kartei stehen, aber jene drei Kriterien nicht erfüllen, sollen die Abgeordneten des Sonderausschusses nun nicht zu Gesicht bekommen. Dies verlangt Innenminister Diestel unter Berufung auf Datenschutz-Gesichtspunkte. Eine Ausschuß-Minderheit verlangt die Aushändigung der Akten aller 40 Fälle. In sieben Fällen scheinen nach Aktenlage die Kriterien erfüllt zu sein, die der Volkskammer-Ausschuß festgelegt hat.

Die konservative 'Welt‘ erkannte einen „menschlichen Zwiespalt“: „Sollen sie 'krankheitshalber‘ ihre Mandate niederlegen, ein paar Tage vor der Selbstauflösung des Parlaments? Soll man ihre Namen Medien zum Fraß vorwerfen?“ Ausschußvorsitzender Jochen Gauck (Bündnis '90) äußerte sich in der 'Zeit‘ zurückhaltend: „Ich möchte meinem Schmerz und auch meiner Enttäuschung darüber Ausdruck geben, daß wir unter uns Volksvertretern in diesem Hause so lange brauchten, bis sich etwas Nennenswertes bewegt.“

K.W.