Poseidons Rache

■ „Die Gärten des Poseidon“, Mo., 30.7., ZDF, 22.15 Uhr

Es gibt viele gute Gründe, mit der Umweltverschmutzung Schluß zu machen. Daß die Menschheit sich auf Dauer der eigenen Lebensgrundlagen beraubt, ist einer der geringsten; denn das wäre ja die erste wirklich gute Tat in ihrer Geschichte. Schwer ins Gewicht fällt dagegen, daß man den Weg zum Abgrund in die Gesellschaft einer stetig wachsenden Zahl von Öko-Flagellanten und Umwelt-Pietisten zurücklegen muß. Das ist niemandem zuzumuten. Und zu einer Landplage entwickeln sich auch die Scharlatane und Abstauber, die in der Rolle des selbstlosen Aufklärers auftreten. Zum Beispiel Rupert Riedl.

Diesem österreichischen Professor und Faselhans hat die Umweltverschmutzung einen drei Jahre dauernden bezahlten Aufenthalt rund ums Mittelmeer beschert. Eine Art kombinierte Bade- und Unterwasserreise, wogegen angesichts der allfälligen Gebührenverschwendung nichts zu sagen wäre, wenn ihn nicht ein Filmteam begleitet und bei seinen Aktivitäten aufgenommen hätte. Nachher hat Riedl den Film auch nocht getextet und in eine fünfteilige Mittelmeer-Serie zerlegt, die das mediterrane Umweltwissen der Leute fördern soll. Doch auch hier gilt: Das Medium ist die Botschaft.

Also Rupert Riedl. Ein gut erhaltener, älterer Herr, der in seichtem Gewässer paddelt, Riedl, wie er sein Boot festmacht, wie er in ein Haus hineingeht und wieder herauskommt, Riedl, wie er sich die Natur durch eine Lupe betrachtet, und wie er am Strand beim Lagerfeuer sitzt. Zwischendurch steckt der Seniorenkörper in einer Badehose und begleitet eine Algologin auf einer Bootspartie, dann steigt er immer wieder in einen feschen Taucheranzug und beweist, daß die Meeresbewohner noch einiges verkraften können. Denen hält er ja auch keine Vorträge. Die werden anders als der Zuschauer niemals erfahren, daß den Fischern eine Frage ins gegerbte Gesicht geschrieben steht, daß Riedl im Wasser einen Hauch von Ewigkeit verspürt hat und daß wir Menschen mit unseren Abwässern ein Drama schreiben. Mit solchen rhetorischen Fäkalien muß der Mensch alleine fertig werden. Im Falle Riedl noch vier Folgen lang.

Zwischen den Riedl-Bildern und den metaphorischen Laubsägearbeiten bleibt naturgemäß wenig Platz für Information. Etwas Erdgeschichte im Schnellmarsch, ein paar chaotische Schaubilder und der Gemeinplatz, daß viel zu viel Dreck ins Meer gekippt wird. Wer das macht und warum sich das offenbar nicht abstellen läßt - für die Ergründung solch kryptischer Fragen hat Riedl keine Zeit. Schließlich will er gleich selbst wieder ins Bild. Ja, und da sitzt er tatsächlich gemütlich bei einem Glaserl Roten auf der Hotelterasse und gibt den Touristen den Rat, ihr Hotel nach der Kläranlage zu fragen.

Da fängt unsereins dann doch an zu überlegen, ob es nicht ein bißchen zu lange dauern wird, bis die Umwelt wieder sauber und der Riedl vom Schirm verschwunden ist. Vielleicht ginge das umgekehrt etwas schneller: Wenn das Meer noch viel mehr verschmutzt wird, so versaut, daß es dem Riedl bei seinem nächsten Bad die Seniorenhaut so gründlich anlaugt, daß er sich für den Rest seiner Tage vor keine Kamera mehr traut. Poseidons Rache.

Thomas Adam