Wiederverwertungsstreit

■ Sind Verbundverpackungen recyclebar?

MIT DER MILCHTÜTE AUF DU UND DU

Berlin (taz) - Industrie und Umweltschutzverband sind sich mal wieder nicht grün: Während Manfred Geisler-Hansson von der Verpackungsfirma Tetra Pak darauf beharrt, daß die aus Zellstoff, Polyethylen und Aluminium bestehenden Milchtüten und Joghurtbecher recyclebar sind, ist für Andreas Fußer vom Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland e.V. das Gegenteil wahr. Fest steht aber, daß zum Beispiel die Westberliner Be Pak aus eben jenen umstrittenen Verbundverpackungen den Zellstoff heraustrennt, um ihn zu Packpapier weiter zu verarbeiten. Der Rest fällt der thermischen Verwertung, also der Verbrennung, anheim. Die Behauptung Fußers, wonach es „technisch nicht machbar“ sei, eine aus den genannten drei Ingredenzien bestehende Verpackung zu recyceln, wird demnach durch die Praxis widerlegt.

Richtig ist allerdings, daß die Wiederverwertung von gebrauchten Bechern und Tüten in größerem Umfang noch nicht möglich ist. Der Grund hierfür ist ein ganz „natürlicher“: In den Milchsäure- und Molkerückständen bilden sich Schimmelpilze und Bakterien, die nur schwer wieder aus dem Behälter herauszubekommen sind. Und wenn, dann nur durch Einsatz hochgiftiger Chemikalien, die „ja auch wieder entsorgt werden müssen“, erläutert Bader von der Firma Be Pak. In einem Pilotprojekt der norwegischen Firma Keyes auf Bornholm wurde dieses Problem gelöst, indem die Verbraucher nach dem Genuß den Becher mit kaltem Wasser ausspülen. Dort erledigt sich auch das zweite Problem, mit dem die BRD aufgrund ihrer 60 Millionen Einwohner zu kämpfen hat, von selbst: das organisatorische. Die Verpackungen müssen gesammelt und zum Recycling-Unternehmen transportiert werden.

Das kostet nicht nur Geld, sondern ist auch unter dem Gesichtspunkt der Umweltverträglichkeit noch nicht effektiv: Viele Autos müßten eine relativ geringe Anzahl der voluminösen Kartonagen zum Produktionsstandort karren. Zwar sieht Prof.Günther Heil von der Fachhochschule Aachen der baldigen Wiederverwertung bereits genutzer Konsumverpackungen „sehr optimistisch“ entgegen. Aber wer weiß, ob sich bis dahin nicht schon der „eßbare Joghurtbecher“ durchgesetzt hat. Der wurde von einem amerikanischen Hobbywissenschaftler nämlich bereits entwickelt.

Claudia Wuttke