Grüne und Bündnis 90 vereint zur Wahl

■ Erneute Verhandlungsrunde gestern in Ost-Berlin / „Die Grünen/Bündnis 91“ in der DDR plus Listenverbindung mit Bundesgrünen / Der Zeitdruck war heilsam und brachte die Einheit

Aus Berlin Beate Seel

Der Zeitdruck machte es möglich: Bereits zwei Stunden, nachdem sich die VertreterInnen der Grünen aus Ost und West sowie der Bürgerbewegungen der DDR gestern im Ostberliner Haus der Demokratie zu einer neuen Verhandlungsrunde über eine gemeinsame Liste für die gesamtdeutschen Wahlen zusammengefunden hatten, war der Konsens da. In einem Meinungsbild sprachen sich die rund fünfzig Anwesenden einstimmig und bei nur drei Enthaltungen für ein grün -bürgerbewegtes Bündnis in der DDR aus.

Auch ein Name für das Kind war überraschend schnell gefunden: Die Grünen/Bündnis 91 soll es heißen. Selbst der Unabhängige Frauenverband, der mit von der Partie ist, nahm es hin, daß dem Etikett ein frauenspezifischer Hinweis fehlt - wenn in allen Papieren das große I und die weibliche Form auftaucht. Die West-Grünen unterbreiteten das Angebot, unter diesen Namen nach außen hin im Programm und auf Plakaten aufzutreten, um in der Öffentlichkeit ein deutliches Signal für das gemeinsame Auftreten zu setzen.

In einem weiteren Meinungsbild griffen die Anwesenden ein Angebot der West-Grünen auf und baten sie, den Vorschlag zu prüfen, KandidatInnen aus der DDR Plätze auf ihren Landeslisten zur Verfügung zu stellen. Dies betrifft Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, da die anderen Landeslisten bereits unter Dach und Fach sind. Damit soll gewährleistet werden, daß möglichst viele DDR-KandidatInnen ins erste gesamtdeutsche Paralment einziehen.

Damit schien gestern Mittag eine Listenverbindung der West -Grünen mit den Grünen/Bündnis 91 in der DDR nichts mehr im Wege zu stehen. Am Vortag hatten sich VertreterInnen der Basis auf ein ähnliches Vorgehen geeinigt (siehe Seite 5). Das zeichnete sich ab, als die Delegationen des Bundesvorstandes und der grünen Partei klarstellten, daß die anvisierte Fusion „die Bündnisverhandlungen nicht berührt und sie auch nicht berühren darf“ (Rühle). Damit waren Befürchtungen der Bürgerbewegungen, angesichts des Wahlmodus‘ ohne Partner für die Wahlen dazustehen und an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern, vom Tisch.

Vor dem Hintergrund der Debatte über vorgezogene Wahlen am 14.Oktober, die dann mit den Landtagswahlen in der DDR zusammenfallen würden, plädierten zahlreiche Anwesende nachdrücklich dafür, auch bei den Landtagswahlen gemeinsam anzutreten. Dies richtete sich vor allem an die Adresse des Neuen Forums, das in einzelnen Regionen alleine in den Wahlkampf ziehen möchte.

Innerhalb des NF gibt es in dieser Frage jedoch unterschiedliche Positionen, wie sich auch in der Diskussion zeigte. Das allerletzte Wort scheint hier noch nicht gefallen zu sein, denn die Entscheidungen der einzelnen Landesverbände wurden zu einem Zeitpunkt getroffen, als der Wahlmodus noch nicht entschieden war und man noch vom 2.Dezember als Termin für den ersten deutsch-deutschen Urnengang ausging.

Für den Nachmittag standen neben der endgültigen Entscheidung über die Form des Zusammengehens zwischen Ost und West noch die Diskussion über die Plattform sowie Kampagnen in der nächsten Zeit an.