Zapfpistole auf der Brust

■ „Windfall-Profite“ in der Gunst der Stunde

MIT DEN ÖLKONZERNEN AUF DU UND DU

Berlin (taz) - Die scharfen Preiserhöhungen für Mineralölprodukte haben nach dem Heizöl- und dem Markt für chemische Vorprodukte nun auch die Tankstellen erreicht. So makaber wie richtig es ist, diesen Schritt unter ökologischen Gesichtspunkten zu begrüßen, sind die Gewinner jedoch genau die, die vom Autoverkehr leben: die Mineralölkonzerne selbst.

Denn für die saftigen Preiserhöhungen besteht kein Anlaß. In den Tankstellen befindet sich noch in den kommenden drei oder vier Monaten nicht der jetzt arg verteuerte Rotterdamer Spotmarkt-Stoff, sondern das viel billigere Altöl. Der Abnahme-Boykott ist noch nicht wirksam; noch schippert kein Tanker mit irakischem Erdöl auf der verzweifelten Suche nach Absatz durch das Mittelmeer. Die Zeit der windfall profits, der Sondergewinne durch die starken Ölpreisschwankungen, ist wieder angebrochen.

Die Ölkonzerne rechtfertigen die Preiserhöhungen mit ihrer Kalkulation auf Basis des Wiederbeschaffungswertes. Für dieses Prinzip spricht außer seiner Profitabilität nichts schließlich könnte der Benzinpreis auch erhöht werden, sobald das teure Öl tatsächlich in den Zapfpistolen angekommen ist. Ferner suggeriert der Begriff, daß die Tanklager jetzt mit dem teuren Öl ebenso schnell wieder gefüllt werden, wie das alte, billigere Öl ausgeliefert wird. Doch die Tanklager sind derzeit mit Billigöl recht gut gefüllt, und es besteht derzeit viel Veranlassung für die Vermutung, daß zunächst die Menge der Lagerbestände etwas gesenkt wird. Schließlich gehen derzeit die längerfristigen Liefertermingeschäfte von einem Preis um 25 Dollar pro Barrel aus. Wer also zum Winterbeginn seine Tanklager voll haben möchte, kann sich dann billiger eindecken als derzeit. Eine „vierzigprozentige Steigerung“ des Ölpreises kann jedenfalls nicht ernsthaft als Rechtfertigung dienen.

Und schließlich hat die Vergangenheit oft genug gezeigt, daß die Konzerne ihre Abgabepreise keinesfalls so schnell nach unten revidieren, wie die Ölpreise wieder fallen. Auch am „hinteren Ende“ der Preisspitze locken noch die Gewinne.

Dietmar Bartz