: Japan: Wasser sparen, mit Atomstrom kühlen
Tokio (taz) - Wer kann vom Öl reden, wenn das Wasser fehlt? Schon seit Wochen ziehen Lautsprecherwagen durchs japanische Inselreich und fordern die Einwohner auf, ihren Wasserverbrauch zu reduzieren. Zahlreiche Provinzen haben die Wasserabgaben bereits drastisch gekürzt - und das geht den wasserverwöhnten Japanern im Vulkanstaat viel mehr ans Herz als das ganze Gerede über eine mögliche Ölkrise. Zudem ist die sommerliche Energiediskussion nichts Neues.
Jedes Jahr nämlich starten Nippons halbstaatliche Elektrizitätskonzerne ausgerechnet im August eine nationale Werbekampagne, die dem Volk das Energiesparen lehren soll. Die Zeit ist gut gewählt, da im heißen Sommermonat August, wenn die Tokioter Nachttemperaturen nahe den 30 Grad Celsius verharren, das Land seine Verbrauchsspitzen nicht nur fürs Wasser, sondern auch für den Strom registriert. Den meisten Japaner kommt das Kühlen im Sommer tatsächlich teurer als das Heizen im Winter. Was aber gäbe es, abgesehen von den üblichen Sparparolen, nach der Invasion in Kuwait Zusätzliches zu bemerken? „Solche Nachrichten bringen mir immer wieder die Unsicherheit bei der Energieversorgung unseres Landes in den Kopf“, kommentiert Shoh Nasu, der Chef des E-Werks in Tokio. Das ist alles.
Tatsächlich ist die energiepolitische Diskussion in Japan eingeschlafen, nachdem sie in den Jahren 1988/89 die innenpolitischen Auseinandersetzungen noch maßgeblich mitbestimmen konnte. Nach einem verspäteten Tschernobyl -Effekt hatte sich im Protest gegen japanische Atomkraftwerke eine neue Frauenbewegung gesammelt, an deren Spitze letztlich die Sozialistin Takako Doi politische Wahlerfolge sammelte. Die Energiefrage avancierte - erstmals seit den Ölkrisen der siebziger Jahre - ins Zentrum des öffentlichen Interesses, ohne jedoch den AKW-Gegnern konkrete Erfolge zu bescheiden. Und darin liegt denn auch der Schlüssel zum gegenwärtigen Desinteresse am Thema. Japan baut weiter seine Atommeiler und ist damit - trotz neuer Ideen im Energiesparbereich auf dem Diskussionsstand der Siebziger Jahre.
Yamamoto/Blume
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