1833 ANSCHLÄGE AUF MOSKAU

■ Über Puschkin, Wanzen und Küchenschaben

Über Puschkin, Wanzen und Küchenschaben

VON PETER HUTH

Moskau, ein Fluß, eine Stadt voller Denkmänner. Moskau, eine Stadt mit Einfluß. Mir wurde allern Ernstes versichert, es stünden auch Frauen auf Sockeln, stopften nicht nur Socken. Die anstehenden Frauen wirkten fast wie Statuen.

Es gibt in Moskau nur zwei bemerkenswerte Schlangen. Die eine führt zu Lenin, die andere an Puschkin vorbei zu McDonald's. Das hat Puschkin nicht verdient, und am Whopper verdient Puschkin schon gar nichts.

Im Hotel traf ich Leute, die aus Zweifel am Durchhaltevermögen der technischen Errungenschaften des real aussterbenden Sozialismus dreißig Stockwerke zum Restaurant hochsteigen. Prophylaktisch hatten sie Tische reservieren lassen und angekündigt, sie würden in Dollar zahlen. Unter Geleitschutz eines Milizionärs und in Begleitung eines bekannten Dichters gelang es mir ebenfalls, einen Tisch zu ergattern. Der Dichter verehrte Puschkin, bestahl Puschkin für seine Arbeit und zahlte in Rubel. Berühmt war er noch nicht, da die Taxifahrer noch nicht von selbst hielten, sobald er aus dem Haus trat.

Ein Journalist berichtete mir, daß er bei Telefonanrufen aus Litauen seit deren Unabhängigkeitserklärung mit „Herr“ tituliert würde. Und unsere Matriuschka, unsere Moskauer Reiseführerin, versicherte uns bereits eine Stunde nach unserer Ankunft auf dem Flughafen - solange mußten wir auf ihr Kommen warten -, das ganze Hotel sei vom KGB mit modernen Wanzen versehen worden. Ich entdeckte lediglich Küchenschaben. Wegen der vermeintlichen Wanzen verlegte unsere Matriuschka ihren Schwarzhandel mit sonst unerreichbaren Opernkarten in eine stille Ecke des Kreml.

Bleibt noch das blonde Mädchen aus Alma Ata zu erwähnen, deren obszönes Extemporieren über Gorbatschow einen penetranten georgischen Verehrer in die Flucht schlug, was sie mit drei Kreuzen quittierte.