„Mit dem Embargo alle Hände voll zu tun“

■ SPD-Verteidigungsexperte Gernot Erler zur Diskussion in seiner Partei über einen möglichen Bundeswehreinsatz am Golf / Die Befürworter eines Militäreinsatzes außerhalb der Nato befänden sich in der SPD-Fraktion „in klarer Minderheit“

Soll die Bundeswehr Schiffe in den Persischen Golf entsenden und damit zum ersten Mal den Einsatz außerhalb des Nato-Gebietes („out of area“) vorbereiten? Solche Überlegungen stießen bislang stets auf den entschlossenen Widerstand der SPD. Am Wochenende meldeten sich jedoch prominente sozialdemokratische Sicherheitspolitiker zu Wort und plädierten für eine Entsendung von Bundeswehreinheiten als Teil einer westeuropäischen Eingreiftruppe oder im Rahmen von UNO-Verbänden. Die Diskussion führten unter anderem der Exgeneral und SPD-Bundestagsabgeordnete Manfred Opel und seine Fraktionskollegen Erwin Horn und Walter Kolbow. Auch Egon Bahr schloß eine Verfassungsänderung zur Ermöglichung einer deutschen Beteiligung an UNO-Truppen nicht mehr aus. Die taz sprach mit Gernot Erler, SPD -Mitglied im Verteidigungsausschuß des Bundestages.

taz: Sind jetzt auch die Sozialdemokraten für einen Bundeswehreinsatz außerhalb des Nato-Gebietes?

Gernot Erler: So ist das nicht zu verstehen. Wir haben hier eine ähnliche Situation wie im Golf-Krieg zwischen Irak und Iran - da findet praktisch ein Verschiebebahnhof militärischer Kräfte bei uns statt, der aber einen Einsatz der Bundeswehr „out of area“ ausschließt.

Ihr Fraktionskollege Manfred Opel hat da eine andere Meinung.

Ich bin für die strikte Ablehnung eines Einsatzes außerhalb des Nato-Auftrages auch in der jetzigen Situation. Denn das wäre ein Präzedenzfall, der zu einer weltweiten Begründung eines militärischen Auftrages der Bundeswehr führen würde. Und den lehne ich ab.

Die Großmächte sollen also weiterhin allein die Rolle des Weltpolizisten spielen.

Ich weiß nicht, ob das militärische Aufgebot überhaupt ausreichen wird, um die Krise am Golf zu lösen. Die Deutschen sollten wie bisher eher durch diplomatische Initiativen dazu beitragen statt durch militärische.

Viele andere Staaten, inner- und außerhalb der Nato, schicken Schiffe und zieren sich nicht so.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Solidarität und Kooperation mit einer solchen notwendigen Abwehr dieser Aggression auszudrücken. Die von verschiedenen Ländern entsendeten Schiffe haben unzweifelhaft eher symbolischen Charakter. Die eigentliche militärische Macht ist auf den US -Schiffen versammelt. Dieser symbolischen Natur könnte auch das Entsenden deutscher Schiffe nur sein. Wir können unsere Solidarität mit den Maßnahmen der UNO anders beweisen als durch die Entsendung von Kriegsschiffen.

Und zwar?

Wir werden unseren Beitrag leisten zum beschlossenen Embargo des Iraks. Und das ist ja gerade aus deutscher Sicht eine wichtige Aufgabe - nach allem, was wir bisher über die Verantwortung der westdeutschen Industrie für die militärische Ausrüstung des Iraks wissen. Da haben wir alle Hände voll zu tun, um diese Ströme zu unterbinden. Damit würden wir sehr viel tun, um Saddam Hussein zu isolieren.

Ist Manfred Opel innerhalb der SPD also ein Einzelkämpfer?

Ich habe noch nie eine auch nur bemerkenswerte Gruppe feststellen können, die für einen Einsatzort „out of area“ eingetreten ist. Vielmehr gibt es eine lange Kontinuität in unserer Position, sich strikt an den Nato-Auftrag zu halten.

Diese einhellige Front scheint nun zu bröckeln.

Ohne Manfred Opel Unrecht zu tun: Aber er ist nicht einmal Mitglied des Verteidigungsausschusses, er kann sich nur aus der Position als Exgeneral äußern, er hat dafür nicht die Unterstützung der SPD-Mitglieder des Verteidigungsausschusses.

Und der Fraktion?

Wenn es eine Abstimmung in der Fraktion gäbe, wären die Befürworter eines Bundeswehreinsatzes „out of area“ in einer klaren Minderheit.

Interview: Axel Kintzinger