Nicht nur das System

■ Betr.: Interview mit Hucky Heck und Kommentar von Dirk Asendorpf, taz vom 6.8.

Beiderseits zu einfach, was Hucky Heck und Dirk Asendorpf in Sachen Roma von sich gegeben haben. Natürlich stellt es ein ernstzunehmendes Problem dar, wenn sich einige nicht so verhalten, daß andere durch sie nicht in ihrem Lebenslauf „mehr als nach den Umständen unvermeidbar“ gestört werden oder gar durch sie zu Schaden kommen; egal, ob körperlich oder an Sachen - wer was anderes behauptet, läßt doch meist nur von seiner Versicherung regulieren und schimpft auf deren Prämien. In der Linken gilt es beinahe als schick, abweichendes Verhalten, insbesondere von Randgruppen, wortreich und mit verständnisvoller Miene zu entschuldigen, bis man selbst dann mal etwas an die Backen bekommen hat aber das gilt dann als Einzelschicksal. Besonders augenfällig wird diese Haltung im übrigen im Verhältnis zu Drogenabhängigen; Hauptsache, man kann die Verantwortlichkeit „dem System“ zuschieben, dann nehmen wir sogar die Spritzen auf den Kinderspielplätzen in Kauf oder haben Verständnis für Wohnungseinbrüche, wo wir sonst doch jedem „Freie-Natur-Ölwechsler“ was erzählen würden - obwohl das doch auch vom System kommt - oder?

Andererseits können solche oder ähnliche Vorkommnisse nicht den Ruf nach „raus“ (oder „weg“ oder „einsperren“ o.ä.) rechtfertigen. Der Einzelne kann sich doch nur dort ändern, wo wir alle ihm eine Chance geben, damit er/sie lernt, mehr auf die Interessen anderer Rücksicht zu nehmen. Dabei müssen wir alle ihm helfen. Zu wenig, wenn wir uns dabei nur der Mittel des Ausländer- oder des Strafrechts bedienen. Genauso wenig, wenn wir's dem System zuschieben und uns zurücklehnen. Dies gilt für die Roma genau so wie für jeden Drogenabhängigen.

Karl-Heinz Rogoll, 2800 Bremen.