Mehr Geld für die Stromzwerge?

■ Haussmanns neuer Entwurf zum Stromeinspeisungsgesetz soll Kleinkraftwerken höhere Abnahmepreise garantieren / Energiewirtschaft lehnt die Initiative als „politische Strompreisbildung“ ab / Bund Naturschutz bekennt sich zum Kuhhandel

Von Martin Lehrer

Das Klappern der Mühle am rauschenden Bach könnte bald wieder lukrativ sein - zumindest, wenn dabei Strom erzeugt wird. Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann legte jetzt den Entwurf für ein Stromeinspeisungsgesetz vor, das den Betreibern von Kleinkraftwerken wesentlich höhere Abnahmepreise garantieren soll. Bei einem Hearing mit rund 50 Verbandsvertretern aus der Energiewirtschaft kam es zu einer atypischen Frontlinie: Während der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Haussmanns Entwurf ausdrücklich begrüßte, lehnte die Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) die neue Initiative mit großer Entschiedenheit ab.

Schon bisher durften kleine Wasserkraftwerke oder Windgeneratoren ihren überschüssigen Strom ins Netz einspeisen. Entlohnt wurden sie mit rund acht Pfennig pro Kilowattstunde - das entspricht einem Drittel des Preises, den Kleinverbraucher für Strom bezahlen müssen. Die Energieversorgungsunternehmen (EVU) rechtfertigen dieses magere Entgelt bisher mit dem Argument, sie könnten nur die „vermiedenen Kosten“, also eingesparten Brennstoff und Wartungskosten, erstatten. Jetzt soll der Abnahmepreis nach einem neuen Schlüssel ermittelt werden: Grundlage ist der Durchschnittspreis aller Endverbraucher auf dem Stand von 1988. Da bei dieser Rechnung auch Großabnehmer mit ihren Billigtarifen einbezogen werden, kommt ein Preis heraus, der immer noch deutlich unter den 24 Pfennig pro Kilowattstunde liegt, die ein gewöhnlicher Stromkunde berappen muß. Die Summe, die im Rahmen des Gesetzes zwischen EVUs und Kleinstromproduzenten umgeschichtet würde, ist gering: 40 Millionen DM bei einem Jahresumsatz der großtechnischen Stromerzeuger von 90 Milliarden DM. Dennoch ging die VDEW bei Haussmann auf die Barrikaden. Das Gesetz wurde als „Einstieg in die politische Strompreisbildung“ gegeißelt.

Von dem Gesetz würden vorwiegend die Wasserkraftwerke profitieren, da sie auf dem alternativen Sektor noch die größte Strommenge erzeugen. Aus dem Gesamttopf von 40 Millionen Mark, die umzuschichten wären, gingen dagegen nur rund 200.000 DM an die Windkraftanlagen und 10.000 DM an Solarstrom-Produzenten. Insbesondere dieses Ungleichgewicht kritisierten die BUND-Vertreter vonBraunmühl und Luther. Die Windkraft, die sich mit Gestehungspreisen von 25 Pfennig pro Kilowattstunde schon hart an der Wirtschaftlichkeitsgrenze bewege, müsse entsprechend honoriert werden. Und die vielen Solarstromproduzenten, die sich ihre Sonnenkollektoren mehr aus Idealismus aufs Dach setzen, bräuchten ein „klares Votum“ für ihr umweltbewußtes Handeln: Luther schlägt für Solarstrom-Einspeiser eine direkte Zählerrücklaufregelung vor. Bei den geringen Strommengen der einzelnen Hausanlagen sei dies billiger, als extra zwei Zähler für entnommenen und eingespeisten Strom zu installieren.

Auf dem Hearing mit Bundeswirtschaftsminister Haussmann haben sich die BUND-Vertreter, wie sie selbst zugeben, auf einen Kuhhandel eingelassen. Einerseits geht ihnen das Gesetz nicht weit genug - kleine Blockheizkraftwerke sind überhaupt nicht einbezogen - andererseits wollen sie, daß das Gesetz noch in diesem Jahr vor den Wahlen verabschiedet wird. Und das habe das Ministerium nur für den Fall in Aussicht gestellt, daß die Umweltverbände keine prinzipiellen Einwände erheben.