Bitte denken Sie nicht!

■ Casino 107, DFF2, Samstag 21.50 Uhr

Wiedereinmal war dieses Blatt drauf und dran, mir einen netten Abend zu versauen. Nur aus Liebe zum DDR-Fernsehen habe ich mich von der Medienredakteurin überreden lassen, die neue Talkshow des DFF 2, Casino 107 anzusehen. Jetzt steh ich vor dem Problem, auf achtzig Zeilen eine Sendung rezensieren zu müssen, bei der schon nach zwanzig Minuten die Mehrheit meiner Mitseher und vor allem -Innen den Gehorsam verweigerten und sich um die Aus-Taste der Fernbedienung balgten. Doch Christine Dähn hat es nicht anders gewollt.

Die Talkmasterin des Deutschen Fernsehfunks, die gemeinsam mit dem Rias-Experten für deutsches Liedgut, Nero Brandenburg, und Sascha Iljinski vom Friedrichstadtpalst die Show live moderierte, eröffnete mit Rolf Eden. Und der Westberliner Nachtklubbesitzer war dann auch gleich der erste Angriff auf den vorab erklärten Anspruch, die erste deutsche Kultur-Talkshow in die Haushalte tragen zu wollen. Eden, ganz Grinsen und Schwanz, hatte in der mit grenzenloser Naivität gepuderten Frau Dähn eine ideale Gespielin. Die Ex-dt64-Frau hatte alle Lektionen ihrer FDJ -Studienjahre vergessen und war nur noch die arme Ost -Unschuld vom Lande: „Herr Eden, ich habe so viel Gutes über Sie erfahren, aber nun sagen Sie uns doch, wie wird man Playboy, und ist das nicht furchtbar anstrengend?“ Und Eden: „Das kommt von Innen... Hallo Marion, high Baby“.

Doch der „letzte Playboy Deutschlands“, für den Frauen nur im Vorwahlalter von Interesse sind, hat auch ein Herz für Männer. Den zwei völlig verschwitzten und mit einem Kaktus in der Hand fast zeitgleich in die Show stolpernden Ostberlinern (das beliebte Wer-als-erster-mit-einem-usw. -Spiel durfte natürlich auch hier nicht fehlen) beglückte er mit einer Einladung in sein Etablissement. Und auch wenn ich noch nie in dem Laden gewesen bin, zu diesem neuen TV -Schwachsinn könnte selbst das noch eine Alternative sein.

Frau Dähn hatte schon Sekunden zuvor die Sache auf den Punkt gebracht: „Liebe Zuschauer in Dresden, Magdeburg und Hoyerswerda, denken Sie nicht... Äh, oh, da kommen die Gewinner unseres Spiels!“ Falls mit dieser Sendung aus dem Ostberliner Vergnügungstempel Friedrichstadtpalast für das Überleben des DDR-Fernsehens gestritten wird, haben die Kollegen aus Adlershof einen Mitkämpfer verloren.

Andre Meier