piwik no script img

„Umpff“ und „urrks“

■ Meine Lieblingssportarten, unfalltechnisch betrachtet Sechste Disziplin: Gewichtheben

NOTHNAGELS ACHTKAMPF

Prall sitzt der ärmellose, im Brustbereich weit dekolletierte Kampfanzug, eigenartig winzig wölbt sich im südlichen Teil ein durch jahrelangen massiven Anabolikamißbrauch zurückgebildetes Geschlechtsorgan. Aalig glänzt, schmiert, funkelt das beölte Muskelgeklump.

Schnaufend tappt der kleinwüchsige, mit einem winzigen, dafür aber kugelrunden Kopf ausgestattete Kämpfer zum Ort seiner lachhaften Übung. Das Gehen fällt ihm schwer; schleifend und leise qualmend reiben sich die wurstförmig verdickten Oberschenkelmuskeln aneinander.

Wie ein Reckschwinger wälzt und wenzelt auch er seine plumpen, dicken Hände in Vollkornmehl. Jetzt bückt er sich vor zwei autoreifengroßen, tückisch blinkenden Metallscheiben, die durch eine bedenklich dünne Stange verbunden sind.

Wieder schnauft und keucht der wurstförmige Gewaltwanst, pumpt noch einmal alle sogleich zu beanspruchenden Organe voll Luft und Saft, hebt an. „Uuh!“ und „wääh!“ entfährt es ihm, „umpff!“ und „urrks!“ - jetzt ist die Stange knapp auf Hüfthöhe. Weinrot prangt sein Gesicht, kabeldick pratzen zitternde Adern unter der Haut hervor.

Brustwarzenhoch schwankt und bebt das Gestell, ein reifes Königsblau zieht jetzt ins Gesicht des Delinquenten. Er darf das verhaßte Gerät kurz auf den Schultern ablegen; beschaulich knackt die eine oder andere Kniescheibe, zum Platzen prall sind die Waden, fett und platt ruht die ganze idiotische Erscheinung samt Sportgerät auf den häßlich hufartigen Füßen.

Den Kopf hat der Gewichtsstemmer überhaupt nur, um ein verbindliches Maß über die Höhe der zu bewältigenden Strecke benutzen zu können. Jetzt ist es oben, er hat's, er muß es nur noch halten. Das aber kann er nicht, das geht nicht, das will nicht und nicht gelingen.

Die Arme geben als erstes nach; fast zeitgleich bricht „päff!“ - das linke Schlüsselbein; „schnarz!“ meldet sich eine Oberschenkelzerrung, „rritsch!“ reißt die Bauchdecke. Schade, schade, schade, es wären einhundertundvierundachtzig Kilo gewesen.

Klaus Nothnagel

Copyright: „Die höhnende Wochenschau“

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen