„Arafats Position ist idiotisch“

■ Mohammed Dayed Said sieht die PLO in einer politischen und ökonomischen Klemme

INTERVIEW

Mohammed Dayed Said ist Wissenschaftler im Center für politisch-strategische Studien in Kairo, das vom Al-Ahram -Verlag finanziert wird, aber als weitestgehend unabhängig anerkannt wird.

taz: Was halten Sie von Yassir Arafats Position der Nichtverurteilung des Irak?

Mohammed Dayed Said: Überhaupt nichts. Eine Position, der jede strategische Kompetenz fehlt. Idiotisch.

Können Sie Arafats taktische Absichten erklären?

Nun ja, die Staaten, die zum Beispiel während des Kriegs gegen Iran hinter Bagdad gestanden haben, konnten zumindest finanzielle Vorteile verbuchen, wie Mauretanien oder Sudan.

Braucht Arafat etwa so dringend Geld? Es ist doch bekannt, daß die PLO über erhebliche Reserven verfügt.

Diese Ressourcen sind aber nicht unbedingt flüssig. Was die PLO jedoch monatlich allein zur Erhaltung der Intifada aufbringen muß, das ist schon sehr viel. Und Kuwait z.B. hat die von der Arabischen Liga vor langer Zeit festgelegten Zahlungen zur Unterstützung der palästinensischen Revolution bereits 1987 eingestellt. Außerdem muß die PLO auch ihr stehendes Heer bezahlen, das übrigens zu zwei Dritteln im Irak stationiert ist. Alle anderen Staaten weigerten sich ja 1982, die Armee der PLO aufzunehmen.

Das Ansehen der PLO, der Intifada letztlich, leidet aber sehr unter dieser Entscheidung Arafats.

Das steht zu befürchten. Arafat hat sich nach all seinen diplomatischen Mißerfolgen offenbar verraten und verkauft gefühlt. Von den Europäern und Amerikanern, aber offenbar auch von von den Golf-Arabern. Er hat eine geradezu umfassende Verschwörung gewittert. Erinnern Sie sich an den letzten regulären Gipfel der Arabischen Liga in Bagdad. Arafat forderte den Einsatz der Ölwaffe. Nach zähen und hitzigen Debatten wurde nur ein halbherziges Papier unterzeichnet. Vor allem die Golfstaaten haben Arafat immer zu einer gemäßigten Politik, zum Dialog mit den USA aufgefordert. Als aber diese Politik ganz offensichtlich gescheitert war, da haben sie jede weitere Unterstützung verweigert. Für Arafat gilt ganz besonders, was ich vorhin schon für die moderaten Kräfte im allgemeinen gesagt habe. Vor allem den Massen in den besetzten Gebieten hat er nichts mehr zu bieten. Und keine andere arabische Regierung hängt existentiell vom Wohlwollen ihrer Massen ab.

Interview: Petra Groll