Geschenktem Museum ins Maul geschaut

■ Grothes Millionenmuseum für Bremerhaven, Millionenauftrag für Investor Grothe

Jubel überflutete alle Bremerhaver Parteien bis zu den Grünen, seitdem bekannt wurde, daß Hans Grothe der Stadt Bremerhaven für 25 Millionen ein Museum bauen, schenken und mit Dauer leihgaben aus seiner großen Sammlung zeitgenössischer Moderne bestücken will. Grothe ist Bauherr (u.a.) des Plaza -Hotels am Hillmannplatz, des Asia Trade Centers und Kunstsammler. Auf acht Hektar der ehemaligen Rickmerswerft soll ein Museum mit Skulpturenpark entstehen.

Das Land Bremen, in Kunst nach 1945 bis jetzt ausgesprochen schwach auf der Brust, wird 1993, zwei Jahre nach Eröffnung des Museums für zeitgenössische

Kunst in der Bremer Weserburg ein zweites, Zeitgenössisches in Bremerhaven haben. Für den ehemaligen Bremer Kultursenator Horst-Werner Franke ist denn auch eine „niveaumäßig heruntergezonte Weserburg in Bremerhaven kunstpolitisch richtiger Quatsch.“ Er und sein Senatsdirektor Reinhard Hoffmann hatten das Weserburg-Museum durchgesetzt.

Als Franke-Nachfolger Henning Scherf aus den Ferien zurückkehrte, fand er ein vom ersten Bürgermeister beschlossenes zweites Museum vor, ohne Senatsbeschluß oder -vorlage. Des Landes Kulturpolitik hatte sich ins Segelboot Hans Grothes vor Mallorca verlagert, wohin er

seinen Duzfreund, Senatspräsidenten Klaus Wedemeier eingeladen hatte. Und der hat dann Grothe Sammlung und Museum abgeschwatzt. „Am nächsten Morgen brachte Wedemeier dem Sammler schonend bei: 'Stiften Sie doch auch ein Museum.‘ Und Grothe nickte wiederum.“ - wußte der Weser-Kurier den Dialog an Bord zu berichten.

Reinhard Hoffmann, um Information gebeten, kann nur anbieten, „aus den Zeitungen vorzulesen.“ Die gesamte Entscheidungsfindung ist an der Kulturbehörde vorbeigelaufen. Reinhard Hoffmann: Eine sinnvolle Entwicklung hänge davon ab, „ob man gewillt ist, dieses gemeinsam zu machen, oder ob man Subjekti

vismen pflegt.“

Und die Exponate, die Grothe der Weserburg zugesagt hatte, bleibt es bei denen? Weserburg-Direktor Thomas Deeke weiß nur: „Das wird noch zu bereden sein.“ Aber das „Danaergeschenk“ (Franke) hat Folgekosten, die sind nicht geschenkt. Auf 6 Mio. schätzt der Bremerhavener Stadtkämmerer Heinz Brandt, SPD, die Erschließungskosten (Kanal, Straße), die Kosten für den Park kämen dazu. Bremerhaven wird das nicht zahlen können und spekuliert auf Gelder aus dem Wirtschaftsaktionsprogramm (WAP). Und die Betriebskosten? Spender Grothe hat darüber sinniert, ob man die Kosten senken könnte, indem man keinen eigenen Stab aufbaut, sondern das „Museum im Park“ der Obhut eines anderen Hauses unterstellt. Welche Kosten, welchem Haus? Das verrät Stadtkämmerer Brandt nicht. Reinhard Hoffmann sieht „theoretisch die

verschiedensten Möglichkeiten“. Und man könne sich auch auf den Standpunkt stellen: „Was kümmert uns das? Wenn der Magistrat Geld hat, dann soll er das machen.“

Schließlich: Die Gerüchte, daß Grothes Geschenk nicht nur die Freundschaft sondern Größeres erhalten soll, wollen nicht verstummen. Besonders nicht, weil Wirtschaftssenator Beckmeyer und der Bremerhavener Wirtschaftsstadtrat Lenz gleichzeitig ein anderes Projekt in Bremerhaven durchdrücken, das von vornherein die Millionen des Landes und ihrer Wirtschaftsförderung kostet: Ein Nord- und Osteuropäisches Handelszentrum analog zum Bremer Asia -Trade-Center. Nachdem Lenz das zuerst ins Auge gefaßte Rickmersche Verwaltungsgebäude für Aussiedler brauchte, tauchte der Plan auf, neu zu bauen. Und mit dem Neubau ein Bauunternehmer - Hans Grothe.

Uta Stolle