Landesjugendring plant Neuanfang mit alten Fehlern

■ Alter Vorstand im Alleingang vor die Öffentlichkeit

„Es ist natürlich wahnsinnig schwierig den Jugendlichen bei uns zu vermitteln, was da so in den obersten Funktionärsetagen abläuft,“ meint Manfred Fischer, Vorsitzender des Landesjugendring Bremen (LJR). Daß es beinahe noch schwieriger ist, die jahrelangen Auseinandersetzungen im Dachverband von Bremer Jugendverbänden, von DLRG, Pfadfindern, Sportvereinen, der Öffentlichkeit zu vermitteln, mußte Manfred Fischer gestern bei der Pressekonferenz erfahren: Was verspricht sich der Landesjugendring von seiner geplanten Neugründung und Umbenennung? Wie lauten die wesentlichen Kritikpunkte der ausgetretenen Verbände? Warum will man jetzt plötzlich doch zusammenarbeiten?

In den letzten zwei Jahren war es immer wieder zu Auseinandersetzungen über das Selbstverständnis des LJR gekommen - und schließlich zu Austritten. Konfessionelle Jugendorganisationen und die Sportjugend kritisierten, daß sie als Organisationen, die relativ viele Jugendliche erreichen, nicht entsprechend in den Entscheidungsgremien repräsentiert seien. In Vollversammlung (VV) und Mitgliederausschuß (MA) waren sie wie alle anderen nur mit einer Delegiertenstimme vertreten. So wurden die großen Verbände oft von den kleineren überstimmt.

Zweiter Kritikpunkt: die Funktion des LJR. „Wir waren der Meinung, daß es keine Konkurrenzbildungsangebote geben sollte“, erklärt Ulrich Ruback, Bildungsreferent der Evangelischen Jugend. „Die Aufgabe des LJR ist vor allem eine Vermittlerrolle. Er muß den Verbänden helfen, die Rahmenbedingungen zu schaffen, aber nicht durch eigene Reiseangebote die ganzen Senatsmittel verbrauchen.“

Inzwischen hat sich jedoch das

Blatt gewendet. Neuanfang, Perestroika, Glasnost und Versöhnung jugendpolitischer Interessenvertretung sind angesagt. „Bei uns ist es fast so wie in der DDR, auch wir sind zu einer Wiedervereinigung angetreten“, freut sich Manfred Fischer, LJR-Noch-Vorsitzender. Nach „zähen Verhandlungen“, an denen auch die ausgetretenen Verbände teilnahmen, habe man sich auf Neugründung und -satzung geeinigt. Die endgültige Abstimmung darüber wird am 24.9. stattfinden.

Kernpunkt des neuen Grundsatzpapiers ist die Einführung eines Delegiertenschlüssels. Je nach Größe der Organisation, sollen zwei bis sechs Mandate für die Vollversammlung vergeben werden. Kompetenzen des Mitgliederausschusses werden auf den Vorstand übertragen und der MA hat nur noch beratende Funktion. Ferner sollen Beschlüsse, die früher von MA und VV umgesetzt wurden, in Zukunft in die Kompetenz des Vorstandes fallen. Und um den Neuanfang ganz deutlich zu machen, wird der LJR in „Bremer Jugendring/Landesarbeitsgemeinschaft Bremer Jugendverbände e.V“ umbenannt.

„Eine lebendige und kontroverse Auseinandersetzung, das stelle ich mir unter guter Jugendarbeit vor“, betont Lutz Bock (DGB-Jugend). Und wenn es dann Bedenken gäbe, müsse darüber offen diskutiert und abgestimmt werden.

Trotz dem Willen zu mehr Glasnost tauchte gleich nach der Pressekonferenz neuer Konfliktstoff auf. Die „Alten“ hatten einen Alleingang gestartet und trotz gegenteiliger Abmachung die Öffentlichkeit informiert. „Also ich bin echt sauer“, schimpft Ulrich Ruback, „wir hatten extra abgemacht, daß wir die Presse erst nach dem 24. September informieren. So kann man natürlich kein Vertrauen schaffen“.

bz