Überlebensgroß Herr Mayer

■ Arie Haan gewinnt das Duell der Weltmänner

PRESS-SCHLAG

Herr Mayer hat schon weit schlimmere Situationen auszustehen gehabt im Leben, da war das, was ihm jetzt bevorstand, ein Klacks. Und dennoch, das war Herrn Mayer deutlich anzusehen, fühlte er sich nicht wohl in seiner Haut, als er zur Pressekonferenz erschien.

Klarer Fall, niemand interessierte sich für das gerade beendete Spiel, keiner für die doch recht ansprechenden Stuttgarter und schon gar niemand für die supergrauen Nürnberger. Was alle wissen wollten war: Würden Herr Mayer und seine einstige Liebe Arie, die Herr Mayer im März dieses Jahres recht unsanft vor die Türe gesetzt hatte, sich heute zur Versöhnung die Hände schütteln?

Immerhin: Die Umstände, die damals zur Entlassung von Arie geführt hatten, waren - um es milde auszudrüken - doch recht merkwürdig gewesen. Kenner des Szene sprachen von einem Alleingang des Herrn Mayer, motiviert durch reichlich niedrige Beweggründe.

Denn Mayer, der Präsident, der, weil Mayer allein ein wenig blaß daherkommt, gewöhnlich ein Vorfelder hinten dranzuhängen pflegt, war zwölf Jahre lang nicht zuletzt deshalb mit Leib und Seele VfB-Präsident, weil er dies Ämtchen als willkommene Plattform zur Selbsterhöhung und -darstellung nutzte. Herr Mayer überlebensgroß, sozusagen.

Dann kam Arie, der all das war, was Mayer gern sein wollte. Ein Weltmann halt, der mit spitzbübischem Lächeln nicht zuletzt auch die weiblichen Fans schmelzen ließ. Und dazu noch kompetent. Herr Mayer, der ansonsten nur Trainer unter sich geduldet hatte, die entweder fähig, aber farblos (Buchmann, Benthaus) oder aber farbig, doch dafür unfähig (Baric) waren (Coordes war beides), sah sich seiner Rolle und Bühne beraubt. Handlungsbedarf!

Plötzlich war er wieder der Strahler Nummer eins am Neckar, weil Willi Entenmann mit seinen drei leichenbittermienig vorgetragenen Sätzchen in der Öffentlichkeit voll ausgelastet ist und Manager Dieter Hoeneß mit Verlaub derselbe Charme auszeichnet, mit dem er einst den Fußball zu behandeln pflegte.

Naßforsch schritt Herr Mayer also auf Arie zu, um sich vor aller Augen ein für allemal reinzuwaschen, lachte, tätschelte, flüsterte und grabschte nach des Holländers Hand. Der aber hatte beide tief in den Hosentaschen und war nicht bereit, auch nur eine davon ans Tageslicht zu lassen. Wunderte sich Mayer: „Vielleicht hatte er sie angebunden?“

Hatte er nicht, aber wohl auch keine Lust, den Statisten einer Wir-sind-uns gut-Show zu mimen. Herr Mayer indes blieb unerschüttert: „Ich bin gefragt worden, mit wem ich heute abend gern eine Flasche Champagner trinken würde. Am liebsten mit Arie.“ Der blieb der alte Spitzbub: „Ich trinke sehr wenig in letzter Zeit.“

Sprach's und verschwand mit Karl Allgöwer im Stuttgarter Weindorf. Ein stilvoller Tritt ans Schienbein des Herrn Mayer.

Peter Unfried