Banküberfälle für die PFLP?

■ In Dänemark hat gestern unter extremen Sicherheitsvorkehrungen der Prozeß gegen sieben Ex-Maoisten begonnen / Anklage auch wegen Polizistenmordes / Zwei Angeklagte gestehen Postraub / Distanzierungswelle in der dänischen Linken

Aus Kopenhagen Niels Rohleder

Wie weiland Robin Hood sollen sieben Dänen, gegen die seit gestern unter extremen Sicherheitsvorkehrungen vor dem Kopenhagener Landgericht verhandelt wird, jahrelang Reichtümer erbeutet und „umverteilt“ haben. Ihnen wird vorgeworfen, die größten und bislang ungeklärten dänischen Bank- und Postüberfälle der 80er Jahre begangen zu haben. Die dabei erbeuteten Millionen sollen die angeblichen Bankräuber, die politisch in der Tradition der maoistischen Bewegung stehen, der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP) gespendet haben. Aufgeflogen war die Sache im April vergangenen Jahres, als die Polizei die damaligen Aktivisten des Kopenhagener Szene-Lokals „Cafe Liberation“ verhaftete und wenig später einen Waffenfund mit Panzerfäusten, Sprengstoff, Handgranaten und Maschinenpistolen in der Straße Blekingegade auf der Kopenhagener Insel Amager machte. Seither ist der „Fall Blekingegade“ in Dänemark zum Begriff geworden.

Schwere Anschuldigungen lasten auf den sieben Hauptangeklagten. Allen voran der Vorwurf, bei einem Postüberfall im November 1988 einen Polizisten ermordet zu haben. Darüber hinaus werden ihnen vier Bank-, Post- und Kaufhausüberfälle aus den 80er Jahren zur Last gelegt, bei denen sie insgesamt 29 Millionen dänische Kronen (etwa 7,5 Millionen DM) erbeutet haben sollen. Des weiteren lauten die Vorwürfe: Hehlerei mit Waffen aus dänischen und schwedischen Militärdepots, verbotener Waffenbesitz, geplante Entführung eines schwedischen Milliardärs und Spionagetätigkeit gegen 500 dänische Juden und Zionisten. Theoretisch droht den sieben Angeklagten „lebenslänglich“. Das setzt jedoch voraus, daß sie wegen Polizistenmordes überführt werden können, wozu es - bislang zumindest - keinerlei „technische Beweise“ wie Fingerabdrücke gibt.

Kennengelernt haben sich die Angeklagten, die heute zwischen 34 und 42 Jahre alt sind, während der späten 60er und frühen 70er Jahre im Kreis um den dänischen Maoisten Gotfred Appel, dem „Kommunistischen Arbeiterkreis“ (KAK). 1978 trennten sich ihre Wege. Appel - inzwischen ein älterer Herr - gehört nicht zu den Angeklagten. Doch auch er wurde im vergangenen Jahr von den dänischen Medien wiederentdeckt. Der einstige Vordenker unterstützt zwar die ideologischen Ziele seiner ehemaligen Schüler, betont aber, daß jeder seine Methoden auswählen muß. Mit seinen Erklärungen trug der etwas weltfremd wirkende Radikalmarxist dazu bei, die PFLP-Connection zu bestätigen. So erzählte er Mitte 1989 in einem Interview ganz nebenbei von einem Treffen der Gruppe mit dem - inzwischen verstorbenen - PFLP-Führer Haddad in Bagdad.

Überhaupt sorgt der „Fall Blekingegade“ in der dänischen Linken für Unruhe. Die erste empörte Reaktion nach der Verhaftung im April 1989 lautete noch, die Kriminalpolizei sei unfähig und der Nachrichtendienst der Polizei (PET) politisch rechtslastig. Doch nach dem Waffenfund setzte eine Distanzierungswelle ein. Ehemalige KAK-Mitglieder berichten öffentlich von Waffentrainings- und Militärlehrgängen im Nahen Osten. Auch an ganze Bündel von Geldscheinen können sich diese ehemaligen KAKler nun erinnern. Radikale Aktivisten der dänischen Autonomen demonstrierten auch gestern wieder und erklärten, daß sie Banküberfälle für den guten Zweck - Befreiung Palästinas - unterstützen.

Die Angeklagten selbst - die seit anderthalb Jahren zumeist isoliert in Untersuchungshaft sitzen - schwiegen unterdessen beharrlich. Doch am gestrigen ersten Prozeßtag gestanden zwei von ihnen ihre Beteiligung an dem großen Postraub von 1988. Den Mordvorwurf bestritten sie.

Die dänische Justiz hat einen besonderen Prozeß vorbereitet. Schon vor einem Jahr wußte ein Vetreter der Anklage, daß das „Risiko einer Befreiungsaktion“ in diesem Fall besonders groß sei. Seither ist das Gerichtsgebäude mit einem Umbau angepaßt worden. Besondere Vorbereitungen gab es auch im Vorfeld dieses denkwürdigen Prozesses: So wurden die Telefone der Angeklagten jahrelang abgehört - seltsamerweise sind manche Abhörprotokolle auf englisch verfaßt. Seitdem nun auch noch einige Tonbänder „verschwunden“ sind, vermuten die Verteidiger, daß auch der israelische Geheimdienst Mossad mitgespielt hat.