Am Checkpoint Charlie bitte ausnüchtern

■ In Ost-Berlin soll nun doch weiterhin die 0,0-Promille-Regelung gelten

QUERSPALTE

Berlin. Bundesverkehrsminister Fritze Zimmermann sei Dank - demnächst wird der eigentlich schon abgerissene Checkpoint Charlie wieder mit einer Attraktion aufwarten können, nämlich mit Ausnüchterungszellen für angeheiterte Autofahrer. Oder wie sonst soll man den Beschluß der DDR -Regierung durchsetzen, bis Ende 1992 bei der 0,0-Promille -Grenze für Autofahrer zu bleiben, derweil in West-Berlin weiterhin ein Alkoholgehalt von 0,8 Promille im Blut erlaubt ist?

Eine andere Möglichkeit, als die mittlerweile an vielen Stellen schon unsichtbare Grenze durch lange Reihen von Ruhehäuschen und Tiefschlafgaragen zu markieren, ist auch für Fachleute nicht denkbar. Und jenen folgenschweren Beschluß haben wir ganz allein unserem Fritz und seiner harten Verhandlungsführung beim deutsch-deutschen Einigungsvertrag zu verdanken. Der Minister von der Sauf-und -ras-Fraktion hatte nämlich darauf beharrt, die westliche 0,8-Promille-Regelung dem Osten überzustülpen, und damit eine darunterliegende einheitliche Regelung für Gesamt -Berlin verhindert.

In Zukunft können wir uns also auf lustige Szenen gefaßt machen. Zum Beispiel: Ein Mercedes-Fahrer donnert auf das immer noch vorhandene Grenzerhäuschen in der Heidelberger Straße und bleibt mitten auf der Scheidelinie zwischen Neukölln und Treptow kleben. Der Kopf des Fahrers hängt im Osten, seine Füße im Westen. Der angeschlagene PKW-Fahrer muß nun die Geistesgegenwart besitzen, sich aus der richtigen Tür hinauszubewegen. Denn links lauert der ADAC, der schon das Beitrittsformular und den Abschleppwagen organisiert hat, rechts klirren die Handschellen der Volkspolizei.

Besonders fies auch dies: Eine mit 0,76 Promille alkoholisierte Frau aus dem Wedding will in der Chausseestraße rechts einparken. Dabei wird ihr Auto von dem zwar nüchternen, aber depperten Fahrer eines Trabis von hinten angedetscht und über die imaginäre Grenze in den Osten geschoben. Der Depp - nüchtern, aber schuldig telefoniert mit seiner Versicherung, die Frau alkoholisiert, aber ohne Tadel - braucht einen guten Rechtsanwalt.

Und was passiert mit einem Motorradfahrer, der im Vollrausch und im hohen Bogen über die Böschung fliegt? Die diskutierte Rechtslage bezieht sich schließlich nur auf den Straßen- und nicht den Luftraum über der DDR.

ccm/usche